Mali: Wenn sich Geschichte sogar doppelt wiederholt
Nach erneutem Militärputsch in Westafrika Bundesheer-Soldaten bleibenim Einsatzraum
BAMAKO/WIEN. Ein Großteil des Staatsgebiets Malis wird von verschiedenen, auch islamistischen Rebellen beherrscht. Dass dieses Problem nicht in den Griff zu kriegen ist, führte unter anderem zum Militärputsch vor wenigen Tagen. Eine gehörige Portion Mitschuld an der Situation hat aber Europa.
Vor wenigen Tagen putschte in Mali das Militär gegen Präsident Ibrahim Boubacar Keita, der selbst 2012 durch einen Putsch an die Macht kam. Warum? Weil weder er noch die UNTruppen (die 15 österreichischen Soldaten in Mali sind in Sicherheit und bleiben im Einsatzraum) das Problem mit den vornehmlich islamistischen Terrorgruppen, die einen Großteil des Nordens beherrschen, nicht in den Griff bekam. Droht hier ein neuer, territorial-überregionaler „Islamischer Staat“zu entstehen?
Viele Gruppen: Tuareg, IS oder Al-Kaida
„Es gibt im Sahelraum unterschiedliche bewaffnete Gruppen, die die Bevölkerung terrorisieren und die staatliche Kontrolle gefährden“, sagt Walter Schicho, Afrika-Experte der Uni Wien. Diese haben unterschiedlichen Hintergrund und jeweils andere Ziele und Absichten. Die Tuareg kontrollieren etwa seit Jahrhunderten den Transsaharahandel, inklusive Tourismus und Schlepperwesen. AlKaida und IS nutzen den Raum als Rückzugsort. Schicho: „Für diese Bandi
ten steht das Überleben auf Kosten der lokalen Bevölkerung im Vordergrund.“Mehrere Gruppen schlossen sich 2017 zur „Dschamaat Nusrat al-Islam wal-Muslimin“zusammen, die Militärbasen angriffen.
Mit dem zweiten Putsch binnen weniger Jahre wiederholt sich die Geschichte doppelt. Schicho: „Auch die Franzosen als Kolonialmacht waren nie in der Lage, den Sahararaum militärisch oder verwaltungsmäßig zu kontrollieren.“Es hat in Mali immer wieder Machtübernahmen durch das Militär gegeben, weil immer wieder die Zivilregierungen an der Lösung existentieller Probleme gescheitert sind. Die Intervention von außen ist dabei mehr Teil des Problems als der Lösung. Und jedes neue Regime erlag über kurz oder lang der Versuchung, sich selbst zu bedienen. Die Zahl der Migranten wird durch den Putsch weder kleiner noch größer, glaubt Experte Schicho. Solange sich an den katastrophalen Lebensbedingungen in Südsahara nichts ändert und die Schlepperei ein lukrativer Wirtschaftszweig bleibt.