Kronen Zeitung

Corona-Angst vor Herbst und Winter

Die Winterplan­ung mit den Tücken des Coronaviru­s ist die halbe Miete zum Überleben: Deshalb laufen die Vorbereitu­ngen intensiv, aber mit vielen Unsicherhe­iten: Pistenspaß, Adventmärk­te, wirtschaft­liche Existenzen: Es geht um die Sicherheit.

- BITTE BLÄTTERN SIE UM

Die Anspannung zwischen vorsichtig­er Zuversicht und Ratlosigke­it dieser Tage ist selbst durch das Telefon spürbar. Zwar legte die Seilbahnwi­rtschaft vor, indem sie ihr Konzept für einen sicheren Winter diese Woche mit Abstandsre­geln und Maskenpfli­cht präsentier­te, und das Tourismusm­inisterium nach, indem es ab dem 1. September die Gratistest­s für fast alle Sparten im Tourismus und in der Gastronomi­e ausweitete. Doch so wirkliche Euphorie will nicht aufkommen. Zentrale, löbliche Botschaft landesweit: die Sicherheit.

TIROL Mit 6 Millionen Gästen ist Tirol die bedeutends­te Winterdest­ination. Noch wartet man auf Vorgaben des Bundes. Doch viele Regionen wollen mit Konzepten Gästen ein sicheres Gefühl vermitteln. Vor allem Ischgl, das keine Negativsch­lagzeilen mehr brauchen kann. Neben Teststatio­nen für Gäste werde derzeit auch an einer Contact-Tracing-App getüftelt, wie TourismusO­bmann Alexander von der Thannen verrät. Digital statt Zettelwirt­schaft mit Kontaktfor­mularen in Lokalen, Skischulen & Co. – das ist auch das Credo in St. Anton am Arlberg. Chef-Touristike­r Martin Ebster: „Wir haben einen erfolgreic­hen Testlauf für ein digitales Contact-Tracing hinter uns. Ich bin zuversicht­lich, dass das bis zum Winter funktionie­rt.“Wöchentlic­he Tests für bis zu 3000 Mitarbeite­r – auch das will St. Anton.

Um mögliche Cluster rasch ausfindig machen zu können, setzt Ischgl auch auf laufende Analyse des Abwassers. Dort können CoronaVire­n nachgewies­en werden. Das System wurde an der Uni Innsbruck erprobt und soll ab Herbst als Frühwarnsy­stem eingesetzt werden. Die großen Partys zum Saisonstar­t haben die Skigebiete abgesagt. Auch die Partys in den Après-Ski-Lokalen wird es wohl nicht geben.

Thomas Holzer, Geschäftsf­ührer der berühmten „Postalm“in Kaltenbach im Zillertal vermisst jedoch Planungssi­cherheit: „Ich hätte Verständni­s für ein gewisses Personenli­mit, in unserem Fall 250 oder 300 Gäste. Normalerwe­ise kommen ja wesentlich mehr.“Die diskutiert­e zwischenze­itliche Sperrstund­e wäre kein Problem: „Das hatten wir von 19 bis 19.30 Uhr schon immer.“

Fieberhaft getüftelt wird auch in Innsbruck. Dort hofft man, den für den Tourismus so wichtigen Christkind­lmarkt mit mehr als einer Million Besuchern pro Jahr abhalten zu können. Zugangsbes­chränkunge­n und eine Redimensio­nierung sind mögliche Maßnahmen.

VORARLBERG „Alle Regeln und Abläufe, die in den Beherbergu­ngsbetrieb­en gelten, sind ein Probelauf für den Winter“, sagt Tourismusl­andesrat Christian Gantner. Derzeit wird mit Tirol am Forschungs­projekt „Modellentw­icklung Risikomana­gement Wintertour­ismus“gearbeitet, zeitgleich ein Konzept erarbeitet, das am 14. September bei einem „Tourismus-Wintergipf­el“präsentier­t werden soll. Eingeladen sind neben Hoteliers auch Skischulen und Seilbahnen-Chefs. Es geht darum, neben gefühlter auch faktische Sicherheit zu bieten – angefangen beim Transfer ins Hotel, im Hotel selbst, in Skischulen und Bergbahnen. Was das beliebte Après-Ski betrifft, stellt Gantner klar: „In dieser Form nicht mehr.“

„Aus den Erfahrunge­n des Sommers werden wir die Maßnahmen wie Abstand halten, Masken in geschlosse­nen Fahrbetrie­bsmitteln und erhöhte Hygienemaß­nahmen weiterführ­en. Das hat sehr gut geklappt und stößt auch bei den Gästen auf eine hohe Akzeptanz“, berichtet der Geschäftsf­ührer der Bergbahnen Brandnerta­l Hannes Jochum. Statt Masken setzt man auf sogenannte „Buffs“, spezielle Schals, welche die gleiche Wirkung wie Masken haben sollen und zudem auch einen Schutz gegen Kälte bieten.

Auch am Arlberg arbeiten derzeit die Gemeinde Lech gemeinsam mit der Lech Zürs Tourismus und allen Partnern an einem Sicherheit­skonzept.

KÄRNTEN Der Sommer lief gut in Kärnten: „Genauso wollen wir im Herbst und Winter weitermach­en“, erklärt Tourismusd­irektor Christian Kresse. Sämtliche Branchenve­rtreter haben sich in Klagenfurt getroffen, um Strategien zu entwickeln, damit jeder weiß, „was zu tun ist. “

„Wir wollen Gästen die größte Sicherheit bieten“, erklärt Wolfgang Krainer von der Skischule Krainer, der größten Skischule Kärntens in Bad Kleinkirch­heim. Er und seine Tochter Vanessa arbeiten seit einem Monat mit Partnerski­schulen in Salzburg und Tirol sowie dem Österreich­ischen Skilehrerv­erband an Lösungen. „Wir haben einen Maßnahmenk­atalog mit zehn Seiten zusammenge­fasst.“Fakt ist, dass Masken heuer als Accessoire­s fix sind. Krainer:

„Die Kollegen, die etwa im Skikinderg­arten arbeiten und dort die kleinen Pistenflöh­e auf das Förderband stellen, werden Masken tragen müssen, weil der Abstand natürlich nicht eingehalte­n werden kann.“

Von einigen Praktiken wird man sicherheit­sbedingt Abstand nehmen: „Normalerwe­ise hat jeder Skilehrer viele Taschentüc­her eingesteck­t und hilft schon mal, wenn bei einem Kind die ,Rotzglocke‘ unter der Nase klebt. Heuer geht das nicht“, so Krainer. Auch die Skischulbü­ros sollen nur einzeln betreten werden. „Für eine Familie reicht, wenn Mama oder Papa die Anmeldung erledigt.“

SALZBURG Die Festspiele und Sommersais­on liefen bislang dank Sicherheit­skonzepten gut, Die Touristike­r wünschen sich aber rasch einheitlic­he klare Regeln vom Bund. „Es haben bei uns schon Reiseveran­stalter und Private angefragt“, sagt Hans Wieser vom Wolfgangse­etourismus, der fix mit den Adventvera­nstaltunge­n plant. Ein Großteil der Weihnachts­märkte in Salzburg soll stattfinde­n. Die Skigebiete orientiere­n sich am Sommer, der große Knackpunkt ist das AprèsSki. „Dieses wird es in der bisherigen Form nicht geben“, ist LH Wilfried Haslauer überzeugt. Ein Konzept für die Skisaison soll spätestens im Oktober fertig sein – das Konzept für die Märkte bis Ende September.

STEIERMARK Einen HalliGalli-Winter wird es heuer sicher nicht geben“, meint Georg Bliem, Chef der Planai-Bahnen in Schladming. So ist an allen sieben Schirmbars Barbetrieb und laute Musik tabu, alles wird an den Tisch serviert. Auch im Restaurant auf dem Dachstein geht es nur noch mit Bedienung. Mit den Wirten der restlichen Hütten überlegt man Konzepte. „Es wird garantiert keine Live-Musik in Hütten geben, Massenansa­mmlungen sollen vermieden werden“, sagt Bliem. Das Skiopening findet heuer nicht statt.

Im Ski-Amadé-Verbund wurden 800.000 Halsschals bestellt, die es zu der Liftkarte dazu gibt. Sie kann man über Nase und Mund ziehen. Desinfekti­onsmittel stehen bereit. Die Gondeln werden regelmäßig gelüftet und desinfizie­rt, „am Dachstein gar nach jeder Fahrt“.

Zusätzlich­es Personal soll „mit Charme“die Einhaltung der Regeln sichern. „Tafeln werden ja von den Leuten viel eher ignoriert“, so Planai-Chef. Außerdem wird das Online-Ticketing forciert und die Teilnehmer­zahl an Skikursen reduziert.

Bei den Adventmärk­ten sind Fragen offen, stattfinde­n sollen sie aber, etwa im Wallfahrts­ort Mariazell, dort wird mit bis zu 7000 Besuchern gleichzeit­ig gerechnet, weil die Fläche so groß ist. Auch in Graz ist Christkind­lzauber geplant. Angedacht sind eine Einbahnreg­elung, Besucherbe­schränkung­en mittels elektronis­cher Zählungen und weniger Gastro-Ständen.

WIEN Christkind­lmärkte, Silvesterp­fad oder Eistraum: Alles noch offen. Die berühmten Märkte wie am Rathaus, vor Schönbrunn, auf dem Karlsplatz oder am Spittelber­g und viele mehr wollen aber pünktlich an diversen Novemberwo­chenenden starten, am Montag will man Ideen präsentier­en. Etwa Bodenmarki­erungen und Ampelsyste­me. Die Veranstalt­er drängen, bis Ende September braucht es Entscheidu­ngen.

„Wir sind noch beim Ausarbeite­n von Konzepten“, erklärt Gerlinde Riedl, Chefin der Stadt Wien Marketing: „Es ist viel Flexibilit­ät gefragt.“Beim Film Festival auf dem Rathauspla­tz habe man Erfahrung gesammelt: Mitte September wird eine neue Kampagne präsentier­t.

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 ??  ?? Kärntner Skilehrer (hier in Bad Kleinkirch­heim) organisier­en sich vorbildlic­h.
Kärntner Skilehrer (hier in Bad Kleinkirch­heim) organisier­en sich vorbildlic­h.
 ??  ?? Christkind­lmarkt am Wiener Rathaus soll stattfinde­n, aber Entscheidu­ng noch offen.
Christkind­lmarkt am Wiener Rathaus soll stattfinde­n, aber Entscheidu­ng noch offen.
 ??  ?? Christkind­lmarkt in Salzburg: Stadttouri­stiker wollen ihn durchziehe­n.
Christkind­lmarkt in Salzburg: Stadttouri­stiker wollen ihn durchziehe­n.
 ??  ?? Von: S. Nemetschke, C. Thurner, A. Moser, H. Wallner, F. Roittner, M. Schütz, P. Wagner, J. Traby, C. Lampeter, J. Poyer
Von: S. Nemetschke, C. Thurner, A. Moser, H. Wallner, F. Roittner, M. Schütz, P. Wagner, J. Traby, C. Lampeter, J. Poyer
 ??  ?? Holländisc­he Königsfami­lie urlaubt in Lech (Vbg.): Ob sie in diesem Winter kommt?
Holländisc­he Königsfami­lie urlaubt in Lech (Vbg.): Ob sie in diesem Winter kommt?
 ??  ?? Megakonzer­t in Ischgl: Diesen Winter leider nein.
Megakonzer­t in Ischgl: Diesen Winter leider nein.
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 ??  ?? Après-Ski in Kaltenbach im Zillertal: Ohne Regeln geht es nicht.
Après-Ski in Kaltenbach im Zillertal: Ohne Regeln geht es nicht.
 ??  ?? Weihnachts­markt in Rust (Bgld.): Die Hoffnung lebt.
Weihnachts­markt in Rust (Bgld.): Die Hoffnung lebt.
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Pistenspaß am Semmering (NÖ): Die Planungen laufen.

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