„Er wollte doch nur Zigaretten holen . . .“
Heute gelten ist etwa Weltvermisstentag; 600 Menschen als in langzeitabgängig. Österreich In der „Krone“spricht nun die Mutter eines jungen Niederösterreichers, von dem seit 2017 jede Spur fehlt. Sein Verschwinden – ein Kriminalrätsel.
Christa H. sitzt auf einem Hocker in ihrer kleinen Wohnung in Krems. Vor ihr, auf einem Glastisch, liegen Alben, voll gepickt mit Familienbildern; von ihr, ihrem Mann, ihrer Tochter, ihrem Sohn.
„Schauen Sie“, sagt die 47-Jährige immer wieder und zeigt auf Fotos von früher, als wollte sie damit beweisen, dass sie ihren Kindern eine gute Mutter war, „mein Bub hatte es nie schlecht bei mir.“
„Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist“
Ihr Bub: Er heißt Christian. „Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist, ob er noch lebt oder tot ist“, schluchzt die 47-Jährige.
Von dem jungen Mann, Fliesenleger von Beruf – er wäre jetzt 23 Jahre alt – fehlt jede Spur. Seit dem Abend des 5. Dezember 2017. Was geschah in den Stunden davor? „Mein Sohn hatte damals frei, wir verbrachten den ganzen Tag daheim.“
Gab es irgendwelche Auffälligkeiten? „Er telefonierte oft mit seinem besten Freund, ich hörte bei den Gesprächen nicht mit.“
Und sonst? „Christian und ich redeten über Dinge, über die wir schon Hunderte Male davor geredet hatten.“
„Er hatte doch noch so viele Pläne“
Die da waren? „Mein Bub konsumierte manchmal Haschisch, ich versuchte ihn davon zu überzeugen, dass er davon lassen solle. Er erzählte von seinem Vorhaben, sich selbstständig zu machen und bald in eine eigene Garconnière zu ziehen; wir plauderten darüber, wie er sie einrichten würde.“
Und am späten Nachmittag aßen die beiden zusammen: „Es gab nichts Besonderes; Wurst, Käse, Brot, aufgeschnittene Tomaten.
Danach sahen wir fern und rauchten dabei.“
Und dann?
„Die Zigaretten sind uns bald ausgegangen, es war etwa 21 Uhr, als mein Sohn meinte, er ginge noch schnell zu einem Automaten ums Eck, um ,Nachschub‘ zu holen.“
Mit etwa 140 Euro in seiner Brieftasche, ohne einen Ausweis bei sich zu tragen, verließ er – bekleidet mit einem blauen Jogging-Anzug, schwarzer Jacke und Sneakers – die Wohnung in der Wilhelm-Ganser-Gasse.
„Es vergingen zehn Minuten, eine halbe Stunde – und mein Bub war noch immer nicht zurück.“ „Ja, Christian hatte Probleme“
Christa H. rief ihn schließlich – „schon in Panik“– am Handy an, es lief bloß die Mobilbox, „später fand ich sein Mobiltelefon bei uns zu Hause, ausgeschaltet, in einer Lade.“
Am nächsten Morgen eine Anzeige bei der Polizei: „Ihr Sohn ist volljährig, er kann schon einmal eine Nacht woanders verbringen, hieß es. Doch mir war damals bereits klar: Etwas Schreckliches musste passiert sein.“
Was, Frau H., sind Ihre Vermutungen?
„Vielleicht war Christian mehr in der Suchtgift-Szene verankert, als ich ahnte. Wie ich erst Monate nach seinem Verschwinden erfuhr, hatte er sich kurz davor 600 Euro von seinem besten Freund geliehen, deshalb vermutlich auch die vielen Telefonate mit ihm am 5. Dezember
2017.“
Wie konnte Ihr Sohn in einen Drogensumpf geraten, welche Probleme gingen all dem voraus? „Er hatte den Tod seines Vaters – er starb 2008 an Herzversagen – schwer verkraftet. Auch mir ging es in der Folge psy