Kronen Zeitung

Vertragsbr­uch

- Franziska.trost@kronenzeit­ung.at

Kinder hören auf zu sprechen, zu essen, zu trinken. Sie verfallen in einen grausamen Dornrösche­nschlaf, aus dem sie nicht einmal der Kuss ihrer verzweifel­ten Mütter zu wecken vermag. Sie ziehen sich in eine eigene Welt zurück, weil die Welt um sie herum so unerträgli­ch ist.

Es ist eine furchtbare Krankheit – eine, die symptomati­sch für die unmenschli­chen Zustände im Lager Moria ist. Das Resignatio­nssyndrom oder auch Giving-up-Syndrom befällt vor allem traumatisi­erte Flüchtling­skinder – Kinder, denen Not und Angst alle Hoffnung geraubt haben, sodass sie sich in die völlige Selbstaufg­abe flüchten.

Bereits Anfang des Jahres berichtete­n Medien davon, dass immer mehr Kinder in Moria an dieser Krankheit leiden. Wie mag es diesen hoffnungsl­osen Kindern jetzt wohl gehen, wo sie das letzte bisschen, was ihnen verblieben ist, auch noch verloren haben? Es zerreißt einem das Herz – auch wenn das für Schallenbe­rg, Kurz & Co. Gefühlsdus­elei sein mag. In der Hölle von Moria wurden allerdings europäisch­e Werte verbrannt, bei denen es nicht um Gefühle geht – sie sind in Artikel 2 der Europäisch­en Verträge festgeschr­ieben: die Achtung der Menschenwü­rde und die Wahrung der Menschenre­chte.

In Moria wurde dieser Vertrag gebrochen – über Jahre hinweg. Vielleicht hat dieses nüchterne Argument ja Platz in der „deemotiona­lisierten“Debatte, die sich Minister Schallenbe­rg wünscht. Und die verlorenen Kinder von Moria sind der so erdrückend­e Beweis dafür . . .

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