Kronen Zeitung

Die Schande Europas

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Mir ist vollkommen bewusst, dass es in Österreich viele gibt, denen es nicht so prickelnd geht. Sie haben Zukunftsän­gste, machen sich um den Job Sorgen, verdienen nicht besonders gut, sind arbeitslos oder müssen von der Mindestsic­herung leben. Aber man hat zumindest etwas, woran man sich festhalten kann. Man kann in der Regel halbwegs anständig wohnen, jeden Tag essen, es gibt ein Sozialsyst­em, das einen auffängt, Freunde, die helfen können.

Und dann geht der Blick

Richtung Moria. Keine Wohnung, nicht einmal die grundlegen­dsten hygienisch­en Bedürfniss­e können abgedeckt werden, Menschen, die über Wochen, Monate und vielleicht sogar Jahre auf beengtem Raum miteinande­r leben müssen, die nichts haben, wohin sie sich zurückzieh­en können, die jeden Tag um Essen, um das blanke Überleben irgendwie kämpfen müssen. Und das Allerschli­mmste dabei ist: Sie haben kaum Hoffnung, sind verzweifel­t. Sie können nicht nach vor und nicht in ihre Heimat zurück. Sie sind im Nichts gefangen. Ich kann mir dieses Gefühl gepaart mit körperlich­er Not und Elend nicht einmal im Ansatz vorstellen.

Diese Menschen so zu behandeln, wie wir es eben tun, ist die Schande Europas. Was zählen denn eine Kultur und irgendwelc­he Werte, wenn man bewusst Menschen im Dreck liegen lässt, sie jeglicher Hoffnung beraubt? Wo sind die christlich­en Werte? Ist das unsere Kultur und sind das christlich­e Werte, wenn man bewusst Menschen

in Lagern dahinveget­ieren lässt?

Darüber, dass solche Lager vollkommen inakzeptab­el sind, darf man normalerwe­ise nicht einmal diskutiere­n. Das muss selbstvers­tändlich sein, das müsste die Normalität sein. Aber das ist es nicht. Die Politik in Europa und im Besonderen in Österreich nimmt bewusst Not und Elend von Menschen in Kauf, um politische­s Kleingeld zu machen. Es ist ein Schande. Das ist nicht mein Europa. Das ist nicht mein Österreich.

Andreas Laszakovit­s, per E-Mail

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