Alles weit jenseits von Theben!
Akademietheater: Thomas Köcks „Antigone. Ein Requiem“ „Morgen wird’s wieder andere Schlagzeilen geben!“Der Jammer der Welt, diesmal der Heimatlosen und nicht Corona, wird mehr und mehr zu einer Theaterplattitüde. So auch in Thomas Köcks Bearbeitung eines
„Passport“liegen sie auf dem Sandstrand irgendwo zwischen Griechenland und Italien, angeschwemmt aus Afrika, gehüllt in schwarze Säcke. In Theben (das nur peripher eine Rolle spielt) verweigert man ihnen die Bestattung.
Köcks Gedankengang ist legitim, aber seine Antigone in der nicht überzeugenden Figur von Sarah Viktoria Frick hat nichts wirklich Aufmüpfiges, Gutes. Regisseur Lars-Ole Walburg macht dies mit der gekünstelten Regie nicht heftiger.
Das Göttliche, Humanitäre wider die Macht, die Gesetze, den Staat: Kreon appelliert in einem seiner Statements von der „gelebten demokratischen Praxis“ob der Toten, denen er keine letzte Ruhe gewährt. Was Sophokles in seiner Tragödie, wohl die packendste nach „Elektra“, an menschlicher Schwäche, aber auch Aufbegehren anspricht – bei Köck wird es banalisiert.
Der Mensch braucht Metapher, der Mensch will denken, will assoziieren. Und das vor allem auch im TheaOhne ter. Man fragt sich daher: Was soll das sattsam bekannte Gerede über „Altersvorsorge“, über die Empörung wegen „brennender Mercedes“, „Internierungslager“? Köcks „Requiem“bleibt an der Oberfläche, rudert am Schluss aber zurück, wenn es um Antigones Tod, auch um Haimons Selbstmord (der vorher als Figur kaum wahrzunehmen ist) geht: Kreon (Markus Scheumann) bleiben nur Leichen.
Auch Euridike (überzeugend: Dorothee Hartinger) geht diesen Weg. Das Ende trifft den Kern von Sophokles‘ Tragödie: mit Branko Samarovski als Seher Teiresias und Mavie Hörbiger, die beeindruckend die Todesbotschaften verkündet. Ihre Laute verhallen bald, haben kaum Sinn.
Jung: Thomas Köck