Krisentreffen mit Putin in Sotschi
Nach neuerlichen Massendemonstrationen flog Lukaschenko als Bittsteller zum Kreml-Chef
MOSKAU/MINSK. Massendemos mit 150.000 Menschen, Prügelorgien durch die Sicherheitskräfte, auch keine Gnade mehr für Frauen und wieder mehr als 800 Verhaftungen – Folterdiktator Lukaschenko hat die Lage in seiner weißrussischen Heimat sichtlich nicht im Griff. Jetzt reiste er zum Krisentreffen mit Putin.
Zum „großen Bruder“aus Moskau, wie Lukaschenko den Kreml-Chef selbst schon mehrfach bezeichnet hat. Zum „großen Bruder“, der zum letzten verbliebenen Verbündeten geworden ist, an dessen Tropf Lukaschenko jetzt hängt. Wirtschaftlich und politisch.
Putin und er kennen einander seit mehr als 20 Jahren, sie sind natürliche Verbündete, auch wenn sie keineswegs immer einer Meinung waren. Lukaschenko hat sich offen gegen zu heftige Umarmungsversuche aus Moskau widersetzt, den Kreml sogar immer wieder gegen sich aufgebracht. Etwa indem er Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte aus der EU importierte, umdeklarierte und dann als weißrussische Artikel nach Russland exportierte. Damit unterlief er bewusst die russischen Sanktionen gegen den Landwirtschaftssektor der EU.
Solche und ähnliche Spielchen auf Kosten des Kreml wird es in Zukunft wohl nicht mehr geben. Will Lukaschenko auch nur eine Chance haben, an der Macht
zu bleiben, muss er sein Land Putin symbolisch zu Füßen legen. Er wird die bisher verteidigte Unabhängigkeit in Teilen aufgeben müssen.
Für Putin ist Weißrussland als Puffer zur EU und der NATO wichtig. Das heißt aber nicht zwangsweise, dass Putin langfristig auf Lukaschenko setzen wird, auch wenn er diesen jetzt noch stützt, etwa durch Umschuldungen, Entlastungen für weißrussische Banken und anderes mehr.
Seit Lukaschenko die Präsidentschaftswahl im August gefälscht hat, steht das Volk gegen ihn. Putin versprach, Weißrussland weiter mit günstigem Gas sowie einem Milliardenkredit zu unterstützen. Aber er forderte eine Verfassungsreform und danach Neuwahlen: „Ich denke, das ist logisch, zeitgemäß und angemessen.“