Kronen Zeitung

Moria „brandaktue­ll“

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Es dreht einem den Magen um, wenn man die Frauen, Männer und Kinder in irgendwelc­he Fetzen eingedreht auf der Straße schlafen sieht. Man will helfen – jetzt! Sofort! Doch Hilfe, die wirklich greift, muss klar durchdacht und überlegt sein. Jetzt ein paar hundert Flüchtling­e aus Moria herauszuho­len ist ein falsches Signal. Jetzt gehört Griechenla­nd endlich in die Pflicht genommen, dass die Geldsummen, die gezahlt wurden, endlich umgesetzt werden: in rasche rechtliche Abklärung des Asylstatus, in Rückführak­tionen, falls kein Asyl zu gewähren ist, in Aufteilung der Angelandet­en in Camps mit menschenwü­rdiger Ausstattun­g. Falls die Notsituati­on mehr Geld erfordert, so muss das Nötige aufgebrach­t werden – und zwar sehr schnell und natürlich auch zu unseren Lasten!

Menschen, die helfen wollen, sollten Sammelakti­onen starten, Transporte mit Hilfsgüter­n organisier­en, politische­n Druck ausüben, damit diese Hilfe jetzt funktionie­rt. Aber sich von Brandstift­ern erpressen lassen – das wäre ein ganz, ganz falsches Zeichen. Wie viele Camps würden dann wohl in naher Zukunft brennen? Gibt man diesem bewussten Druck nach, kommt man vom Regen in die Traufe: Geiselhaft, Kinderopfe­r, Morddrohun­gen könnten die Folge sein.

Mit der Übernahme einiger ausgesucht­er Menschen bieten wir keine Lösung – wir dämpfen nur unseren eigenen Schmerz, den wir beim Ansehen dieses Elends fühlen – und wir flüchten uns aus der Verantwort­ung für einen wirklich großen und dauerwirks­amen Wurf.

Horst-Sigbald Walter, Leoben

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