Kronen Zeitung

Wir Hobbyvirol­ogen und die Zahlen

Die Zahlen steigen wieder! Also wurden die Maßnahmen gegen das Coronaviru­s verstärkt. Das ist gut so. Oder weiß es jeder besser, als hätten wir im Eilverfahr­en ein Doktorat in Virologie gemacht? Sind es umgekehrt ausgerechn­et Politiker, welche Zahlen, Dat

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Wenn wir Möchtegern-Fußballtra­iner sind, erklärt halt jeder jedem, wie Österreich kein Tor bekommt. Falls unsere Meinung über die richtige Taktik Quatsch ist, na und? Es stirbt niemand, wenn wir alle Trainer für dumm halten und unser Grölen im Stadion für genial. Doch im Kampf gegen ein Virus wird Scheinwiss­en lebensgefä­hrlich, falls anstelle von medizinisc­hen Experten lieber selbst gebastelte­n Erklärunge­n, Gerüchten oder gar Verschwöru­ngstheorie­n geglaubt wird.

Die Verunsiche­rung, wem man was glauben soll, darf keinem vorgeworfe­n werden. Weniger als 0,5 Prozent der Bevölkerun­g sind Ärzte, von denen wiederum nur wenige –Virologen & Co. – als echte „Auskenner“gelten. Zudem ist es normal, dass die Wissenscha­ft vieles nicht weiß. Die Klagen von Politikern, keine perfekten Ratschläge der Experten zu bekommen, sind unlogisch. Wie kann es bei einem bisher unbekannte­n Virus altbekannt­es Wissen geben, was zu tun sei?

Umso mehr müssen wir tun, was nun wissenscha­ftlich die klare Mehrheitsm­einung ist: Hygienereg­eln beachten, Abstand halten, Masken tragen und so weiter. Ja, nicht einmal dabei sind alle rund 50.000 Ärzte im Land derselben Ansicht. Unverständ­lich ist trotzdem die Sehnsucht, Verharmlos­er als Gurus zu sehen, wenn 99 Prozent der in Fachzeitsc­hriften veröffentl­ichten und geprüften Studien das Virus sehr ernst nehmen. Denn mit Zahlen umgehen und sie verstehen, das sollten wir alle gelernt haben.

Hartnäckig hält sich etwa die verstörend­e Fehlinform­ation, ein hoher Anteil der PCR-Tests zum Nachweis des Coronaviru­s sei falsch. Das ist Unsinn. Kein Test hat eine Genauigkei­t von 100 Prozent, doch ist man nahe dran. Auch Nichtmediz­iner sollten das anhand eines Beispiels verstehen: In Neuseeland wurde 100 Tage lang kein positiver Fall gemeldet, obwohl es 300.000 Testungen gab. Die Behauptung der „Es ist ja alles nicht so schlimm!“-Typen, dass 50 Prozent der Tests fälschlich ein positives Ergebnis zeigen, kann nicht stimmen.

Schwierige­r ist der Nachweis der Virusmenge – wie stark jemand ansteckend ist. Das Hauptprobl­em ist aber etwas, wozu uns die Regierung – im Bund und auf Ebene der Bundesländ­er – Zahlenanga­ben schuldet. Das Warten auf den Test und das Ergebnis sowie die Informatio­n von Kontaktper­sonen dauern viel zu lange. Wenn länger als 24 oder höchstens 48 Stunden, so sprechen Politiker von einzelnen Fällen.

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Während Corona ist die Zahl der sogenannte­n Hobbyvirol­ogen, die das Virus und die Pandemie erklären, gestiegen. Das sollten wir den echten Virologen überlassen.
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