Sehen mit den Augen der Kinder
Wir reisen durchs Land und stellen die schönsten Plätze Östereichs vor. Heute der stille Prebersee im Salzburger Lungau.
Der Murgletscher ist schuld. Er schliff während der letzten Eiszeit vor rund 50.000 Jahren mit seinem 1000 Meter dicken Eispanzer den Gipfeln im Raum Salzburger Lungau und Kärntner Nockberge die Ecken und Kanten ab. Bis auf die allerhöchsten, wie das Roteck (2742 m) und auch den benachbarten Preber (2740 m).
In den Senken bildeten sich oft nach der Eisschmelze vor etwa 10.000 Jahren kleine Moorseen. Mit ihrem bernsteinfarbenen Wasser, dem Duft von Torf und einer eigenen Pflanzenwelt strahlen sie besondere Ruhe aus. Einer von ihnen ist der Prebersee über Tamsweg.
Damals gab es noch tiefe Moorlöcher
Kathi Angermann stammt von dort. Sie kam schon als Kind mit ihren Großeltern oft her zum Baden und Spielen. „Damals gab es hier noch richtige Moorlöcher, wo wir hineingehüpft sind. Dann war man von oben bis unten pechschwarz. Das ließ sich leicht abwaschen, aber man musste noch einmal in den kalten See.“
Die 36-jährige Lehrerin ist die Älteste von sieben Geschwistern. Zwischen ihr und dem jüngsten Bruder liegen 13 Jahre. Und so konnten auch immer nur die „Großen“mit, wenn Oma und Opa zum See fuhren. Mehr gingen nicht ins Auto.
Zahntechniker war der Papa, die Mama arbeitete – wenn sie nicht bei den Kindern war – als Bürokauffrau. „Ich weiß nicht, wie“, sagt Kathi, „aber es ist sich immer ausgegangen. Uns hat’s an nichts gefehlt.“
Wenn die Angermanns gemeinsam unterwegs waren, diente ein Fiat Ducato mit seinen Lieferwagen-Dimensionen und neun Sitzen als Familienfahrzeug. Kathi lacht: „Mit dem hab ich später sogar den Führerschein gemacht.“
Nach 5 Jahren als Gymnasial-Lehrerin für Englisch und Sport in Graz-Liebenau
hat Kathi heute selber drei Söhne im Alter von eineinhalb, vier und fünf Jahren. Und sie ist mit ihrem Lebensgefährten Harry ins schöne Thomatal gezogen. Das ist keine halbe Stunde entfernt vom Prebersee.
„Es ist einfach ein wunderschöner Ort, mit dem ich seit meiner Kindheit verbunden bin“, sagt sie. Baden und Spazieren oder auch Wandern, Bergsteigen, Langlaufen: Je nach Lebensphase hat das Gebiet um den Preber immer etwas zu bieten.
„Und jetzt genieß ich es, wie früher all die Dinge mit meinen Buben zu entdecken, die man als Erwachsene gar nicht mehr so wahrnimmt.“– Sehr gerne außerhalb der Saison und auch abseits des einzigartigen Preberschießens, das heuer leider wegen Corona ausgefallen ist.
Acht Hennen und sieben Gockel ist Abenteuer
„Es ist schon verrückt“, sagt Kathi. „Vor zehn Jahren hätte ich mir das alles nicht vorstellen können. Ich hab in Salzburg studiert, war eineinhalb Jahre in England, habe in Graz gearbeitet. Und jetzt sind wir im beschaulichen Thomatal glücklich.“
Abenteuer ist jetzt, wenn die Josl-Oma den Kindern ein paar Hühner und einen Hahn schenkt und die Eier selbst ausgebrütet werden: Nun gackern und krähen im Garten der Familie acht Hennen und sieben Gockel. Und der Familienrat überlegt, wie es weitergehen soll.
Kathi Angermann war es schon als junges Mädel gedie wöhnt, auf ihre Geschwister aufzupassen, wenn zum Beispiel die Eltern einmal auf einen Ball gingen. Man merkt ihr im Umgang mit ihren eigenen drei Lausbuben diese Gelassenheit an, ihr auch als Lehrerin bestimmt gut steht.
„Ich denke, anzukommen in einer Lebensphase, das ist der Schlüssel zur Zufriedenheit“, sagt sie nachdenklich und setzt nach: „Derzeit empfinde ich es schon als entspannend, wenn ich einmal ohne die Buben um mich herum in Ruhe im Haus putzen kann.“
Wenn aber Oma Ulrike vorbeikommt und sich die Enkerln schnappt, dann zieht Kathi die Sportschuhe an und läuft von Thomatal aus den Höllweg hinein in Richtung Bundschuh. Spätestens beim Hochofenmuseum ist dann der Umkehrpunkt. Das sind dann doch eineinhalb Stunden. „Ich will ja nächstes Jahr wieder in meinem Beruf einsteigen“, sagt Kathi lachend. „Und als Sportlehrerin sollte ich dann natürlich fit sein, oder?“