Kronen Zeitung

Im echten Leben

- KLAUS KNITTELFEL­DER

Ausgerechn­et der Gesundheit­sminister hat uns dieser Tage daran erinnert, dass wir auch fernab von Corona noch haufenweis­e Probleme haben. Also verkündete Rudolf Anschober, zugleich Sozialmini­ster, den x-ten „Startschus­s“für eine Pflegerefo­rm – und zwar nicht für irgendeine, sondern gleich für „die größte seit Jahrzehnte­n“.

Nur leider lässt einen die Erfahrung der jüngeren Geschichte an derlei Ankündigun­gen zweifeln. Denn so hitzig politische Projekte in den vergangene­n Jahren auch diskutiert, so pompös sie vorgetrage­n wurden (Erinnern Sie sich beispielsw­eise an die Kassenfusi­on, die zwar die medizinisc­hen Leistungen nicht behandelte, aber zur „größten Reform aller Zeiten“aufgeblase­n wurde?): Im Alltag der Mehrheit wirklich spürbare Systemverä­nderungen durch die Politik sind bestenfall­s rar. Maßnahmen der Tragweite einer Schüssel’schen Pensionsre­form – einerlei, ob man diese nun gut oder schlecht findet – gab es lange nicht.

Doch dann kam Corona. Und mit dem Virus eine beinah in Vergessenh­eit geratene politische Unmittelba­rkeit: Denn mit einem Mal war die Regierung gezwungen, Entscheidu­ngen zu treffen, die unseren Alltag verändern, vom Arbeitsbis zum Fußballpla­tz. Die Distanz zwischen Politik und dem echten Leben schwand in der Krise, die für Politainme­nt naturgemäß wenig Raum lässt.

Diese Unmittelba­rkeit könnte man fernab von Corona gerne beibehalte­n. Am besten gleich bei der „größten Pflegerefo­rm seit Jahrzehnte­n“, die diese Bezeichnun­g auch verdient.

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