Kronen Zeitung

„Den richtigen Herzschlag spüren“

Staatsoper: Hans Neuenfels inszeniert Mozarts „Entführung aus dem Serail“(12. 10.) „Ich habe lange gezögert, ob ich die ,Entführung‘ machen soll. Mit Ausnahme des ,Troubadour­s‘ habe ich jede Oper nur einmal inszeniert“: Hans Neuenfels (79), einer der bed

- Karlheinz Roschitz

Eine ganz besondere Arbeit! 1998 brachte er in Stuttgart Mozarts „Entführung“heraus. Eine legendäre Produktion, in der er den Sängern Schauspiel­er in den gleichen Partien gegenübers­tellte. „Es gibt zwar aus Stuttgart alle Aufzeichnu­ngen dazu, auch auf DTV, aber es war dennoch wahnsinnig schwer, die Produktion zu rekonstrui­eren und nachzuvoll­ziehen. Wir alle sind älter geworden, ich sehe viele Details anders als damals. Und, was mir besonders wichtig ist, Sänger und Schauspiel­er sollen nicht Rollen spielen, nicht darstellen. Sie sollen Figuren mit dem richtigen Herzschlag sein.“

„Ein Glück“ist dabei, dass Neuenfels, der auch Dichter, Übersetzer und Filmemache­r ist, selbst das Libretto Johann Gottlieb Stephanies d. J. nach Christoph Bretzner übertragen und eine neue Dialogfass­ung erstellt hat. „Ich denke, es ist ein psychologi­sch sehr präziser Text.“Neuenfels suchte lange nach Sängern und Schauspiel­ern, die alle diese Vorstellun­gen erfüllen. Und ist jetzt mit seinem Team sehr zufrieden. Lisette Oropesa singt Konstanze, Regula Mühlemann Blonde, Daniel Behle Belmonte, Michael Laurenz Pedrillo und Goran Jurić Osmin. Dem Sänger jeder Partie steht ein Schauspiel­er gegenüber. Bassa ist Christian Nickel. Am Pult: Antonello Manacorda (Premiere: Montag).

Gern erinnert sich Neuenfels an seine Jahre in Wien: „Wien war in den Sechzigern nach dem Krieg schwarzgra­u. Wir mussten kämpfen. Da musste man polarisier­en. Aber es war eine spannende Zeit.“Spektakulä­r waren seine Inszenieru­ngen in Wien – etwa Roger Vitracs „Victor“(mit Klaus Maria Brandauer) und Kleists „Käthchen von Heilbronn“an der Burg, oder an der Staatsoper Meyerbeers „Prophet“(Domingo, Baltsa). „Mit einem ungeheuren Skandal“, lacht er.

Bei den Salzburger Festspiele­n feierte er mit Mozarts „Così“oder zuletzt mit „Pique Dame“Triumphe.

Er erinnert sich gern an die Studienzei­t im Wiener Reinhardt-Seminar, wo er seine Frau, die berühmte Wiener Schauspiel­erin Elisabeth Trissenaar, kennenlern­te.

1964 arbeitete er im Wiener Theater Naschmarkt. Danach eroberte er die Bühnen in Frankfurt, Hamburg, Berlin, Zürich. Ab 1974 startete er seine Musiktheat­erkarriere mit Verdis „Trovatore“in Nürnberg.

„Ich habe vieles abgeschlos­sen. Aber ich habe noch einmal ein Stück geschriebe­n, fürs Münchner Residenzth­eater – wenn nicht Corona die Uraufführu­ng unmöglich macht!“

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Doppelte Figuren in Mozarts „Entführung aus dem Serail“: „Blonde“Regula Mühlemann & „Osmin“Goran Jurić – zweimal „Blonde“Stella Roberts & Mühlemann, Goran Jurić. ŷ ÿ
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Regisseur Hans Neuenfels

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