Die uneinigen Staaten von Europa
In Pandemie-Zeiten wie diesen, so scheint es, gibt es nahezu nichts, was es nicht gibt. Sogar einen amerikanischen Präsidenten, der als sichtlich kurzatmiger Corona-Patient offenbar ernsthafte Überlegungen angestellt hat, sich mit einem Superman-T-Shirt vom Krankenhaus ins Weiße Haus zurückfliegen zu lassen, um im Wahlkampffinale noch einmal seine Unverwüstlichkeit zu demonstrieren.
In Europa mag man über einen verhaltensoriginellen Donald Trump den Kopf schütteln – de facto besteht dazu kein Grund. Dieser Mann markiert den Macher, auch auf internationaler Ebene, vor allem im Verhältnis zu China, während die Europäische Union einig ist, was ihre Uneinigkeit betrifft. Am Beispiel der gemeinsamen Schuldenunion: Seit Jahren schert sich kaum ein EU-Land um vertraglich vereinbarte Verschuldungsgrenzen; seit Jahren melden marode Mitglieder behübschte Bilanzen nach Brüssel; seit Monaten wissen die Mitdenker unter den Staatenlenkern, dass die CoronaHilfspakete für Südeuropa – immerhin 1350 Milliarden Euro – auch gesunde Volkswirtschaften wie Österreich dauerhaft krank machen.
Gäbe es eine Alternative? Wenn, dann Vereinigte Staaten von Europa, in die jedes Mitglied nur seine Kernkompetenz einbringt. Deutschland übernimmt die Wirtschaft, Holland die Finanzen, Frankreich die Verteidigung, Schweden Soziales, Finnland die Bildung, Österreich den Tourismus. Wer jetzt laut aufschreit und meint, das sei doch viel zu weit gedacht, dem sei gesagt: Nur in so einer Konstellation würde eine gemeinsame Währung wirklich Sinn machen.