Kunstvolle Spiele mit Stimmungen
Konzerthaus: Wien-Modern-Eröffnung, RSO, Hussain, Oliveros, Dufourt, Poppe
Der bevorstehende Lockdown der Kulturszene war Hauptthema in der Pause des 1. Wien-Modern-Abends im Konzerthaus: Leo Hussain und das RSO führten Pauline Oliveros und Enno Poppe und Wien-Modern-Auftragswerke von Germán Toro Pérez & Hugues Dufourt auf.
Leo Hussain lud das Publikum entsprechend dem Wien-Modern-Motto „Tuning – Stimmung“zum Ausflug in neue Klangräume. Eine flimmernde, wabernde, explodierende oder verstummende Klangwelt zwischen totaler Zurücknahme und Farbenrausch: Das RSO unter Leo Hussain hat diese zum Teil sehr schwierigen
Stücke präzise, in feiner Detailarbeit und perfekter Klangbalance realisiert.
Spannend die beiden Uraufführungen, Wien-Modern-Auftragswerke: „Trazos II“(Schlaganfälle) des Kolumbianers Germán Toro Pérez (56), der auf zwei Harfen und Klavieren im Vierteltonabstand raffinierte Klangflächen und -strukturen erzeugt; und „Die zwei Weiden nach Claude Monet“des Franzosen Hugues Dufourt (77), in dem Dufourt das kühle Schimmern von Claude Monets berühmtem „Seerosen“-Gemälde einfängt.
Ein Ereignis der Sonderklasse bescherte die deutsche Bratschistin Tabea Zimmermann, die das technisch extrem komplizierte dreisätzige Stück „Filz“(für Bratsche, vier Klarinetten und Streichorchester) virtuos spielte. Sie versucht die Faserigkeit und Wärme des Materials Filz, aber auch „die Wärme, die aus der Tiefe
kommt“– so der Komponist – darzustellen.
Eröffnet wurde der Abend mit Pauline Oliveros’ (1932 bis 2016) „Tuning Meditation“– einer Komposition der „sanften Klangrevolutionärin“von 1971, in der Musik und Meditation eins werden und die Beziehungen zu Oliveros’ Programm Deep Listening (tiefes Hören) spürbar werden. Ein Werk über Stimmung – der Instrumente wie des Fühlens – und über die Einheit von Geist und Körper. Ein Abend wie ein Abschied von der Kultur vor dem Stillstand.