Die „Wiedergeburt“des IS
Um es vorweg zu sagen: Der IS war nie tot! Er braucht keine Terrorkommandos zu schicken wie einst die PLO. Der Terror kommt heute aus unserer Mitte.
Es sind jene jungen Leute, die integrationsunwillig mit den Herausforderungen der modernen, westlichen Welt, demokratischen Freiheiten, nicht fertigwerden, in der Internet-Blase vereinsamen und ihr Heil in einem selbstmörderischen Dschihadismus suchen. Das UntergrundNetzwerk des IS ist jedenfalls ungebrochen.
Der Kalifen-Staat überlebte nach seiner Noch-nichtganz-Zerstörung in Syrien als virtuelle Hass-Maschine in den Asozialen Netzwerken und seit Kurzem mit einer neuen territorialen Basis auch in Afghanistan: Am gleichen Tag des Terrors von Wien hatte der IS die Universität von Kabul gestürmt, um ein Massaker an Leuten des („westlichen“) Wissens anzurichten.
In Afghanistan haben die USA nach einem 19-jährigen Krieg, den sie nicht gewinnen konnten, den Abzug beschlossen in Form einer EdelKapitulation: Machtübergabe wieder zurück an die Taliban. In dieser Phase zeichnet sich schon jetzt ein Machtkampf zwischen IS und Taliban ab, wer das radikalere Emirat errichten kann.
Angeblich ist der IS-Kalif Baghdadi tot. Sicher ist das nicht. Jedenfalls wurde seine Ideologie des Steinzeit-Islam zu einem Selbstläufer mit viele „Filialen“in Afrika und Europa.
Ihr „Kriegsplan“ist gar kein Geheimnis. Jeder kann ihn nachlesen: Terror zur Erzeugung einer anti-islamischen Stimmung, die wiederum gemäßigte Moslems in die Hände des Dschihadismus treibt. Die Frage ist nun, wie man diesen Teufelskreis durchbrechen kann.
Viele Vorfälle spielen den Islamisten in die Hände. Da ist einmal die fortgesetzte Veröffentlichung von (obszönen) Mohammed-Karikaturen. Ein größeres Geschenk kann man den Islamisten gar nicht machen.
Und da ist Herr Erdoğan, der sich zu einem Kalifen aufspielt, weil ihm die Rolle eines Sultans nicht mehr ausreicht (1923 wurde von Atatürk das Sultanat und 1924 das Kalifat abgeschafft).
Das alternde Regime von Erdoğan muss durch immer neue nationale Abenteuer darum ringen, die politische Basis zusammenzuhalten. Religion ist die letzte Waffe gegen die Erosion seiner Macht.
So holt er die ärgsten Islamisten aus den letzten ISNestern in Syrien heraus, um sie als Söldner-Milizen erst in Libyen und jetzt im Karabach-Krieg auf der Seite Aserbaidschans gegen Armenien einzuspannen. Dabei nimmt er sogar einen Konflikt mit Russland in Kauf, das in den letzten Tagen und Wochen mehrere Luftangriffe gegen IS-Nester in Syrien geflogen hat.
Wer so einen Partner in der NATO hat wie den türkischen Trump, braucht sich um Feinde nicht zu sorgen. Sie werden mitten unter uns mit islamistischem Hass aufgepäppelt – sozusagen als Fünfte Kolonne hinter der Front.
Täglich tröpfelt das Gift: Macron als den neuen Kreuzzügler diffamieren, Jerusalem als eine osmanische Stadt hochleben lassen, den Islam als das ewige Opfer der Geschichte bemitleiden.
Erst zum Hass aufhetzen und dann den Terror „auf das Schärfste„ zu verurteilten – was für eine Heuchelei!
Nach dieser Terrornacht von Wien werden allenthalben wieder die „gemeinsamen Anstrengungen“gepredigt. Wer? Wie? Wo?
Die erste Antwort zur Entradikalisierung müssten die offiziellen islamischen Institutionen in Europa liefern, auch wenn sie von den „einsamen Wölfen“gar nicht anerkannt werden. Die zweite Antwort müssten die Staaten liefern und endlich mit dem Dogma aufräumen, dass man islamistische Gefährder nicht auf Dauer einweisen darf. Dschihadismus ist Krankheit. IS ist Pandemie. Politik hat die Aufgabe und die Pflicht, die Bevölkerung zu schützen.