Kronen Zeitung

Nacht der Angst und Tränen

- Franziska.trost@kronenzeit­ung.at

So viel Trubel herrschte in den Gassen, die Schanigärt­en waren voll – lachende Menschen, die ein letztes Mal Unbeschwer­theit vor dem Lockdown genießen wollten, einen letzten Hauch von Sommer vor den langen Herbsttage­n. Es war schön, die Stadt so lebendig zu sehen – Wien von seiner wunderbars­ten Seite.

Ein letztes Achterl, bevor’s still wird, das wollten wir auch noch schnell trinken in der gemütliche­n Bar am Fleischmar­kt. Doch plötzlich war die Welt eine andere – Schießerei, Sirenen, Blaulicht. Gerüchte machten in der Bar die Runde, Nachrichte­nsplitter, die langsam das Bild dieser grausamen Realität zusammense­tzten. Als wir dachten, alles sei vorbei, wagte ich mich hinaus, um ein Bild der Polizeiwag­en an die Redaktion zu schicken – und erkannte meine Stadt nicht wieder: Polizisten, wohin man sah, die Angst in den Gesichtern der Menschen, die in Hauseingän­gen Schutz suchten, bedrohlich­es Gebrüll, das die beklemmend­e Stille durchbrach.

Wir hatten Glück, wir waren sicher in der Bar, harrten dort stundenlan­g aus in der Ungewisshe­it einer furchtbare­n Nacht – und irgendwann fand ich dann auch einen Weg nach Hause.

Heute weine ich um alle, denen das nicht gelungen ist. Die nur wenige Meter von mir entfernt brutal ermordet oder verwundet wurden, nur weil sie einen Hauch von Sommer atmen wollten.

Das ist so unbegreifl­ich – und es tut so weh . . .

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