Die Tücken des Milliarden-Regens
Rund 50 Mrd. € könnten die Maßnahmen kosten, doch bei einigen davon hakt es, und Investitionen für den Neustart wären dringend.
Etwa zwei Dutzend Corona-Hilfsmaßnahmen hat inzwischen alleine der Bund aufgestellt, viele Landesregierungen haben zusätzlich eigene Programme. Ein Ende ist nicht absehbar, für November hat man ja jüngst noch den 80-prozentigen Umsatzentfall-Ausgleich für zwangsweise geschlossene Betriebe dazugelegt.
Um die 50 Milliarden € könnte alles zusammen kosten – stellt sich die Frage, wie effizient das Füllhorn von bislang drei Kurzarbeitsstufen, Gastro-Umsatzsteuersenkung auf 5%, Kredithaftungen, Steuerstundungen, Härtefallfonds, Investitionsprämie, Bildungsbonus usw. noch ist bzw. ob es teils sogar „Überförderungen“(z. B. beim Umsatz-Ersatz) gibt. „Dieser ist schon großzügig, aber wohl adäquat, wo der Staat das Aufsperren verbietet. Auch generell sind wir bei der Fülle der Maßnahmen unter den großzügigsten Ländern, etwa bei der Kurzarbeit Nummer zwei nach Dänemark. Das ist aber ein verdammt
Wirtschaftsforscher Franz Schellhorn (Agenda Austria): „Haben nicht alle Lehren aus dem ersten Lockdown gezogen.“
teures Modell und gar nicht für so lange Zeit gedacht“, sieht es Wirtschaftsforscher Franz Schellhorn (Agenda Austria) differenziert kritisch.
So sei insbesondere der mögliche Verlustrücktrag (steuerliche Anrechnung des heurigen Verlustes mit dem Gewinn von 2019) sehr gut. Bei der Kurzarbeit sei neben den Kosten auch die etwa im Vergleich zur Schweiz hochkomplizierte Verrechnung schlecht gelungen, und die Verlängerung des Fixkostenzuschusses „kommt nicht richtig in die Gänge, dabei drängt die Zeit, weil die Betriebe gleich die Weihnachtsgelder zahlen müssen“. Hier gibt es seit Monaten ein Patt mit der EU, die den Zuschuss genehmigen muss.
Überhaupt müsse man sehr bald von der teuren Krisenhilfe zu einem Zukunftsplan übergehen. „Die größte Hilfe ist momentan die Nichtfälligstellung von Forderungen. Doch da staut sich eine Pleitewelle auf, weil irgendwann die Finanzämter wieder Steuern fällig stellen – in normalen Zeiten haben sie jeden zweiten Insolvenzantrag gestellt! Und auch die Banken sind nur jetzt so zurückhaltend.“
Der Staat sollte daher mit Nachdruck Investitionen vorziehen („ich verstehe nicht, warum nicht schon über den Sommer alle Schüler Laptops bekommen haben“) und überkommene Strukturen reformieren. „Wir dürfen die Krise dafür nicht ungenutzt lassen. Digitalisierung der Bildung, Neugestaltung des Arbeitslosengeldes, Anpassung des Pensionsalters, Verbesserung der Qualifikationen – selbst jetzt können nicht alle Stellen besetzt werden!“Das schaffe auch den dringend notwendigen Spielraum, um Budget und Staatsschulden trotz schwacher Konjunktur wieder ohne Steuererhöhungen in den Griff zu bekommen. Wie Schweden beweist, geht das: „Dort ist die Verschuldung nicht einmal jetzt so hoch, wie sie bei uns schon vor der Krise war.“