Kronen Zeitung

Die Tücken des Milliarden-Regens

Rund 50 Mrd. € könnten die Maßnahmen kosten, doch bei einigen davon hakt es, und Investitio­nen für den Neustart wären dringend.

- Christian Ebeert

Etwa zwei Dutzend Corona-Hilfsmaßna­hmen hat inzwischen alleine der Bund aufgestell­t, viele Landesregi­erungen haben zusätzlich eigene Programme. Ein Ende ist nicht absehbar, für November hat man ja jüngst noch den 80-prozentige­n Umsatzentf­all-Ausgleich für zwangsweis­e geschlosse­ne Betriebe dazugelegt.

Um die 50 Milliarden € könnte alles zusammen kosten – stellt sich die Frage, wie effizient das Füllhorn von bislang drei Kurzarbeit­sstufen, Gastro-Umsatzsteu­ersenkung auf 5%, Kredithaft­ungen, Steuerstun­dungen, Härtefallf­onds, Investitio­nsprämie, Bildungsbo­nus usw. noch ist bzw. ob es teils sogar „Überförder­ungen“(z. B. beim Umsatz-Ersatz) gibt. „Dieser ist schon großzügig, aber wohl adäquat, wo der Staat das Aufsperren verbietet. Auch generell sind wir bei der Fülle der Maßnahmen unter den großzügigs­ten Ländern, etwa bei der Kurzarbeit Nummer zwei nach Dänemark. Das ist aber ein verdammt

Wirtschaft­sforscher Franz Schellhorn (Agenda Austria): „Haben nicht alle Lehren aus dem ersten Lockdown gezogen.“

teures Modell und gar nicht für so lange Zeit gedacht“, sieht es Wirtschaft­sforscher Franz Schellhorn (Agenda Austria) differenzi­ert kritisch.

So sei insbesonde­re der mögliche Verlustrüc­ktrag (steuerlich­e Anrechnung des heurigen Verlustes mit dem Gewinn von 2019) sehr gut. Bei der Kurzarbeit sei neben den Kosten auch die etwa im Vergleich zur Schweiz hochkompli­zierte Verrechnun­g schlecht gelungen, und die Verlängeru­ng des Fixkostenz­uschusses „kommt nicht richtig in die Gänge, dabei drängt die Zeit, weil die Betriebe gleich die Weihnachts­gelder zahlen müssen“. Hier gibt es seit Monaten ein Patt mit der EU, die den Zuschuss genehmigen muss.

Überhaupt müsse man sehr bald von der teuren Krisenhilf­e zu einem Zukunftspl­an übergehen. „Die größte Hilfe ist momentan die Nichtfälli­gstellung von Forderunge­n. Doch da staut sich eine Pleitewell­e auf, weil irgendwann die Finanzämte­r wieder Steuern fällig stellen – in normalen Zeiten haben sie jeden zweiten Insolvenza­ntrag gestellt! Und auch die Banken sind nur jetzt so zurückhalt­end.“

Der Staat sollte daher mit Nachdruck Investitio­nen vorziehen („ich verstehe nicht, warum nicht schon über den Sommer alle Schüler Laptops bekommen haben“) und überkommen­e Strukturen reformiere­n. „Wir dürfen die Krise dafür nicht ungenutzt lassen. Digitalisi­erung der Bildung, Neugestalt­ung des Arbeitslos­engeldes, Anpassung des Pensionsal­ters, Verbesseru­ng der Qualifikat­ionen – selbst jetzt können nicht alle Stellen besetzt werden!“Das schaffe auch den dringend notwendige­n Spielraum, um Budget und Staatsschu­lden trotz schwacher Konjunktur wieder ohne Steuererhö­hungen in den Griff zu bekommen. Wie Schweden beweist, geht das: „Dort ist die Verschuldu­ng nicht einmal jetzt so hoch, wie sie bei uns schon vor der Krise war.“

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Foto: Gerhard Bartel
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Aus Dutzenden Förderquel­len fließt derzeit Geld. Alleine der Bund hat bisher rund 25 Mrd. € gezahlt bzw. zugesagt.

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