Von einem, der auszog, um Rockstar zu werden
Opernliebling Piotr Beczała schrieb ein Buch. Mit der „Krone“sprach er über Träume, Tränen und Terror. Ein echter Lebenskrisen-Manager.
Nur wenige Tage, eigentlich nur Stunden nachdem der Terror von Wien uns alle in Atem gehalten hatte, trafen wir Piotr
Beczała. Der aus Polen stammende lyrische Tenor steckt wegen Corona und Terror in der Hauptstadt fest. Doch das stört den Opernstar keineswegs, denn er liebt Land und Leute, fühlt mit allen mit: „Es ist schrecklich, was da passiert ist“, sagt der fidele und überaus positiv wirkende Mann, als wir ihn in „seinem Grätzel“, direkt bei der Staatsoper, zum Gespräch treffen.
Genauso liest sich die Biografie des 53-jährigen Künstlers, der in seiner Freizeit (zum Leidwesen seiner Ehefrau Katarzyna) an seinem alten Jaguar schraubt. „In die Welt hinaus – Ein Opernleben in drei Akten“(Amalthea Verlag) beschreibt seinen Werdegang, mit Höhen,
Tiefen und den damit verbundenen Krisen. „Es klingt so komisch, aber es gibt tatsächlich, glaube ich, nur wenige, die es vom Straßensänger zum Kammersänger gebracht haben. Also haben wir das Buch geschrieben.“Obwohl er ja eigentlich ein Rockstar werden wollte. Das waren aber meine Träume, die ich als Teenager hatte.“
Dabei drohte die Welt des Mannes, der mit scheinbarer Allerweltsleichtigkeit jedes
hohe C trifft, zu zerbersten. Ohne dass irgendjemand etwas mitbekam. „2007 wurde bei mir ein verdicktes Blutgefäß auf einem meiner Stimmbänder festgestellt“, so der Sänger über die tickende Zeitbombe, die sein wichtigstes Werkzeug, die Stimme, zu zerstören drohte. „Ich lebte zehn Jahre lang mit diesem Damoklesschwert.“Bei einer Probe passierte es, das Gefäß platzte. Doch durch erst eisernes Schweigen und danach noch härteres Training kämpfte er sich wieder an seinen Platz zurück – auf die Opernbühnen dieser Welt. „Eigentlich bin ich sogar erleichtert, dass es zu diesem Vorfall kam.“Und warum, bitte? „Na ja, denn jetzt ist es weg“, erklärt uns Sunnyboy Beczała über die bestimmt auch tränenreiche Zeit, die er da meisterte.
Die Lehre, die er aus dieser überstandenen Lebenskrise zog? „Es gibt so viele Menschen, die Krisen meistern müssen . . . Bei mir lag die Schwierigkeit darin, dass ich mich nicht an alten Dingen orientieren konnte. Ich musste ein neues System finden, um wieder singen zu können. Die Menschen, die mein Buch lesen, sollen einfach eine Idee bekommen, wie man mit Krisen wie dieser umgehen könnte.“
Abschließende Frage an Piotr Beczała: Eine Biografie mit 53, ist es nicht ein bisserl früh dafür gewesen? „Nein, und ich hoffe doch, dass sich da zumindest noch ein, zwei Akte für mich ausgehen . . . “