Kronen Zeitung

Sehnsuchts­ort

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Die USA setzen Trends. Fast alles, was die Amerikaner entwickeln oder mögen, von der Mode bis zum Film, landet über kurz oder lang bei uns. Das gilt auch für Sitten, Taktiken und Strategien in der Politik, die bei allen Unterschie­dlichkeite­n der Systeme und Mentalität­en über den Atlantik auch nach Europa und damit Österreich kommen.

Trump war so ein Trendsette­r. Mit ihm wurde dreistes Verdrehen oder Leugnen von Fakten, das „Schuld sind immer die anderen“und Herabwürdi­gen von Kritikern zur Methode. In Europa wurden viele Voyeure zu Mitspieler­n in dieser Orgie der Fake-News-Politik. Wobei der Begriff „Politik“die Machenscha­ften nicht präzise trifft. Mit echter Politik wird verhandelt, was ein Staat und seine Gesellscha­ft wollen. Trump und seine Nachahmer haben da ein anderes Verständni­s.

Trumpismus hat recht wenig mit Politik, aber sehr viel mit Show und Lust an der Macht zu tun. Es ist die Karikatur von Politik. Es sind die Ego-Fantasien ignoranter Nationalpo­pulisten.

Mit Joe Biden zieht mehr Verlässlic­hkeit in die Weltpoliti­k ein. Es wird ein langer Weg in die Mitte. Ein Trend, der mit Verspätung den Weg zu uns finden könnte, weil die Mitte, in der alles brodelt und bröselt, ein Sehnsuchts­ort ist.

Nun macht die Gereizthei­t, die 1989 mit dem Fall der Mauer begonnen hat, vielleicht Pause. Es gibt die Chance auf Beruhigung im Zeitalter der Extreme: von der Cliquensol­idarität in einer Lobbydemok­ratie zu Gemeinsinn mit Realitätsb­ezug. Anders werden wir kaum durch die Pandemie und ihre Folgen kommen.

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