Weihnachten gerettet: Familienfest zu zehnt
Trotz nach wie vor hoher Infektions- und Todeszahlen lockert die Regierung den Lockdown: Geschäfte, Schulen und Friseure sperren ab Montag wieder auf. Weihnachten darf man gar zu zehnt feiern.
Heute vor einem Monat begann der „Lockdown light“, sprich: Ausgangsbeschränkungen nach 20 Uhr, Lokale wurden geschlossen, Veranstaltungen untersagt. Doch das langte offenbar nicht, also musste angesichts dramatischer Corona-Zahlen Mitte November die neuerliche Vollbremsung her: ein harter Lockdown.
Nun, knapp drei Wochen später, sind die Zahlen noch immer hoch: 121 Menschen starben zuletzt innerhalb eines einzigen Tages (!) an den Folgen von Corona, pro Tag werden derzeit immer noch rund 4000 Neuinfizierte verzeichnet – ungefähr so viele wie vor einem Monat.
Schulen und Handel machen wieder auf
Und dennoch wird nun wieder aufgesperrt, wenn auch „behutsam“, wie Kanzler Sebastian Kurz erklärte. Schließlich „stimmt der Trend“, behauptet Gesundheitsminister Rudolf Anschober, etwa habe sich die Situation auf den Intensivstationen leicht verbessert. Kurz spricht zwar immer noch von einem „extrem hohen“Infektionsniveau, die jüngsten Maßnahmen hätten ihm zufolge jedoch ausreichend gewirkt, um nun „Öffnungsschritte“setzen zu können.
Damit meint er im Grunde eine Rückkehr des Landes zum „Lockdown light“: Ab Montag findet in Volksschulen, der Unterstufe und für Maturaklassen wieder Unterricht in den Schulen statt; die Oberstufe verbleibt vorerst im Distance Lear
Ziel ist es, bis Weihnachten die Infektionszahlen zu drücken. Es soll nicht unter jedem Christbaum ein Infizierter sitzen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
ning – mit der Möglichkeit für Schulen, in Normalzeiten ein Viertel und vor Schularbeiten die Hälfte der Schüler in die Klasse zu holen. Lehrer sollen regelmäßig getestet werden, ab der Unterstufe müssen auch Schüler stets Masken tragen.
Die zweite große Lockerung betrifft den Handel: Geschäfte sperren – und zwar unabhängig von Größe und Sortiment – wieder auf. Das gilt auch für „körpernahe Dienstleistungen“, wie die Regierung erklärte. Mit anderen Worten: Der Friseurbesuch ist wieder möglich. Auch Museen und Bibliotheken öffnen wieder.
Lokale bis 7. Jänner zu, Skifahren bald möglich
Geschlossen bleibt unterdessen die Gastronomie
inklusive Hotels – allerdings nur bis 7. Jänner. Das Datum der Öffnung ist laut Kanzleramt fix; wie genau der Lokal- , Hotel- und Kulturbetrieb ab 7. Jänner aussehen kann, dürfte sich in den Tagen rund um Weihnachten entscheiden. Als Entschädigung erhalten die Betriebe bis Jahresende die Hälfte des Umsatzes aus dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bisher waren es noch 80 Prozent des Umsatzes (Bericht auf Seite 19). Die Kosten dafür belaufen sich laut Finanzminister Gernot Blümel auf rund eine Milliarde Euro. Vorerst ist weiterhin nur die Abholung von Speisen erlaubt – das gilt übrigens auch für Skihütten, wenn nach dem 24. Dezember die Skipisten mitsamt Seilbahnen wieder geöffnet werden.
Weihnachtsfeiern und Silvesterpartys zu zehnt
Private Treffen bleiben eingeschränkt, wiewohl sie nun etwas gelockert werden. Künftig dürfen sich maximal sechs Erwachsene mit sechs Kindern an einem Ort treffen – die Voraussetzung ist, dass nie mehr als zwei Haushalte zusammenkommen. Zwischen 20 und sechs Uhr Früh gelten Ausgangsbeschränkungen. Ausnahmen gibt es für den 24., 25., 26. und 31. Dezember: Um Weihnachten und Neujahr zu feiern, dürfen sich bis zu zehn Personen treffen – und zwar unabhängig vom Wohnsitz und zu jeder Uhrzeit. Der Kanzler hofft, dass sich die Lage bis dahin so weit beruhigt hat, „dass nicht unter jedem Christbaum ein Infizierter sitzt“.
Wir mussten erkennen, dass die zweite Welle sehr viel mehr Wucht hatte. Aber der Trend stimmt, die Notbremse hat gewirkt.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
Schließlich gibt es neben den Lockerungen auch eine Verschärfung: Wer rund um Weihnachten nach Österreich einreist – etwa zur Rückkehr vom Verwandtenbesuch – muss zehn Tage in Quarantäne, das „Freitesten“ist erst nach fünf Tagen möglich (Bericht auf S. 8).
Von all dem erhofft sich die Regierung endlich eine Besserung der tristen Corona-Lage: Anschober erwartet bereits nächste Woche eine Halbierung der täglichen Neuinfektionen. Kurz hält es gar für „realistisch“, dass man bei den Ansteckungen „bis Weihnachten auf ein relativ niedriges Niveau kommt“. Damit soll ein weiterer Lockdown „verzögert oder möglichst verhindert“werden, sagt er. Bei seiner Prognose, dass ab Sommer 2021 wieder Normalität herrschen werde, bleibt der Kanzler eisern. Nachsatz: „Bis dahin gibt es aber sechs Monate mit Einschränkungen.“
Opposition unzufrieden, auch Lehrer üben Kritik
Während Handel, Industrie und Museen grosso modo froh über die türkis-grünen Ankündigungen scheinen, herrscht bei den Theatern Ernüchterung, man wünscht sich mehr Planungssicherheit. Aus der Opposition kommt viel Kritik – wenn auch inhaltlich stark unterschiedlich: Die SPÖ, die jüngst noch gegen den Lockdown gestimmt hatte, will das Land nun angesichts zu hoher Zahlen nur „schrittweise, vorsichtig und kontrolliert“hochfahren; überhaupt fehle es an Sicherheitskonzepten, etwa für Schulen. Das sehen auch die Lehrer so: „Ein wenig lüften und da und dort eine Maske“, das sei zu wenig, so Gewerkschafter Paul Kimberger. Der FPÖ geht es indes nicht schnell genug zurück gen Normalität, die Blauen wollen geöffnete Lokale und „normalen Schulalltag“.