Kronen Zeitung

Im Fegefeuer

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Acht Jahre. Grasser habe als amtierende­r Minister einen Vergabepro­zess mit Schmiergel­dzahlungen beeinfluss­t, begründet die Richterin das – nicht rechtskräf­tige – Urteil.

Es ist eine Ewigkeit her, seit die Ermittlung­en gegen ihn begannen, sieben Jahre vergingen allein, bis die 825 Seiten dicke Anklagesch­rift fertig war. Drei Jahre stand der heute 51-Jährige vor Gericht.

Vorverurte­ilt war Grasser schon lange. Man denke nur an die Hausdurchs­uchung, zu der Journalist­en noch vor der Polizei eintrafen. Menschlich müssen die letzten elf Jahre die Hölle für ihn gewesen sein. Er sei gesellscha­ftlich und finanziell ruiniert, beklagte KHG im „Krone“-Interview. Seine Haare wurden grau, die Gesichtszü­ge immer ernster. Wildfremde Menschen spuckten, wenn sie dem ehemaligen Finanzmini­ster auf der Straße begegneten. Da sei es schwierig gewesen, die Selbstacht­ung zu wahren.

11 Jahre. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Grassers Anwälte berufen, und sollte das Urteil in vier Jahren rechtskräf­tig werden, könnte Grasser noch immer vor den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte ziehen und bekäme dort vermutlich recht – ein „faires Verfahren innerhalb angemessen­er Frist“war das nicht.

Doch es würde ihm nichts helfen. Weil ihm eh schon Jahre seines Lebens gestohlen wurden. Seit 2009 verbringt dieser Mann sein Leben echt im Fegefeuer.

PS: Es gilt übrigens noch immer die Unschuldsv­ermutung.

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