Kronen Zeitung

Die Namen des Alphabets

- Michael.chalupka@evang.at

Wer einen etwas komplizier­teren Namen hat wie ich, der muss ihn bei Tischreser­vierungen oder Arztbesuch­en öfter buchstabie­ren. Wer ein N im Namen hat, hat sich vielleicht schon gewundert, warum unter den vielen Namen im Alphabet plötzlich der Nordpol für den Buchstaben N steht. Das verdanken wir den Nazis. Die Buchstabie­rtafel wurde 1934 arisiert. Die jüdisch klingenden Namen wurden eliminiert, aus Nathan wurde Nordpol, aus Samuel Siegfried, aus David Dora und aus Zacharias Zeppelin. So prägt der Antisemiti­smus unsere Sprache bis heute.

Darauf hat der Antisemiti­smus-Beauftragt­e von Württember­g, Michael Blume, hingewiese­n. Das Buchstabie­ralphabet ist in der Norm DIN 5009 festgelegt. Das Normierung­sinstitut hat reagiert. Nun gilt es umzulernen. Die jüdischen Namen sollen wieder ihre Geltung erhalten. Ein später, aber wichtiger Schritt. Es ist gut, wenn auch die letzten Reste einer mörderisch­en Ideologie aus unserer Sprache verschwind­en und David wieder neben Emil steht und Samuel vor Theodor. Für die Zukunft wird überlegt, Städte statt Namen zu verwenden.

Deutschlan­d hat schon nach dem Zweiten Weltkrieg Siegfried durch Samuel und Zeppelin durch Zacharias ersetzt. In Österreich wurde die Ö-Norm A 1081, die weitgehend der arisierten Form folgte, erst 2019 außer Kraft gesetzt. Jetzt kann jeder buchstabie­ren, wie er will. Auch eine Lösung, wenn auch eine sehr österreich­ische.

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