„Manchmal weine ich eben mit“
Sie kämpfen an vorderster Front, kümmern sich um das wichtigste Gut der Menschen: die Gesundheit. Österreichs Pflegerinnen und Pfleger.
Schon in der Hauptschule wusste Daniel Winter, dass er „etwas Soziales“machen will. Die Lehre zum Einzelhandelskaufmann war deshalb nur ein kurzes Intermezzo im Lebenslauf des heute 38-jährigen Oberösterreichers. Denn beim Zivildienst stellte er fest, „das ist es, was ich machen will“– und dabei blieb er auch.
Seit nunmehr 20 Jahren arbeitet Winter in der Pflege, bildete sich fort, wechselte Stationen – vor allem aber trug er „seinen Teil dazu bei, dass Menschen wieder gesund werden“, begleitete Schicksale, schloss Freundschaften, nahm Abschied, und manchmal – und das sei bis heute so – steht er einfach nur gemeinsam mit seinen Patienten am Bett und „woant“mit ihnen mit.
Daniel Winter ist eine der zahlreichen Pflegekräfte in Österreich, die mit ihrem Einsatz und Einfühlungsvermögen unser System am Laufen halten, die sich mit einem unglaublichen Maß an Eigeninitiative und Kraft für jene einsetzen, denen es gerade nicht so gut geht.
Einmal im Jahr werden sie vom Wiener Städtischen Verein ausgezeichnet. „Pflege mit Herz“heißt die Aktion, die jene vor den Vorhang holt, die ansonsten meist versteckt agieren – dieses Jahr unter der coronabedingten Schutzausrüstung ganz besonders. Bis 31. Dezember kann man Menschen dafür nominieren. Daniel Winter wurde im vergangenen Jahr ausgezeichnet – und das gebe ihm bis heute Kraft.
„Leugner sollen einen Blick in Spitäler werfen“
Seit zwei Monaten arbeitet der Oberösterreicher auf der Covid-Akut-Station im Hanusch-Krankenhaus in Wien. 12-Stunden-Dienste in schwerer Schutzausrüstung schiebt er dort. „Den Patienten geht es wirklich schlecht“, sagt Winter. Mit Covid – so viel sei klar – ist nicht zu spaßen. Umso mehr ärgern ihn die Leugner, die sogenannten „Querdenker“, die nicht wahrhaben wollen, was Winter jeden Tag erlebt. Sie lädt er ein, einen Blick in die Krankenhäuser zu werfen, wo jeden Tag um das Leben so vieler Menschen gekämpft wird.
Am Ende einer Schicht sei er „klitschnass geschwitzt“, erzählt er. Denn die Behandlung von Corona-Patienten sei Schwerstarbeit, zudem fehle die körperliche Nähe, die Mimik. „Wir haben uns
Buttons mit Fotos machen lassen“, erzählt Winter, „damit die Patienten wissen, wie wir aussehen.“Denn Einfühlungsvermögen sei ein großer Part seiner Arbeit, die Grenze zwischen Empathie und eigener Abgrenzung ein Seiltanz. Manchmal weine er deshalb mit seinen Patienten, sagt der 38-Jährige, etwa wenn Therapien nicht anschlagen, Schicksale besiegelt sind. „Das ist ganz normal“, sagt Winter.
Denn unter den Schutzausrüstungen stecken eben auch nur Menschen – und „den Coolen“wolle er in so einer Situation nicht spielen.
Um sich von den Herausforderungen seines Berufs zu erholen, betreibt der
Pfleger viel Sport, verbringt Zeit mit Familie und Freunden, „die immer ein offenes Ohr“für ihn haben. Für seinen Beruf würde sich der Oberösterreicher mehr Wertschätzung wünschen, bessere Rahmenbedingungen.