Die letzte Warnung der Wissenschaft
BESTÄRKT VON TOP-VIROLOGEN, warnte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vor dem Corona-Kontrollverlust über Weihnachten. In Österreich blieb das nicht ungehört: Die Vorboten zum 3. Lockdown melden sich, Silvester kann so nicht gefeiert werden.
Das „letzte Weihnachten mit Oma und Opa“könne es werden, wenn man jetzt zu viele Kontakte hat: In einer emotionalen Rede spricht sich Deutschlands Kanzlerin Merkel für harte Maßnahmen vor den Feiertagen aus. Zuletzt folgte Österreich oft ihrem Vorbild.
Wenn wir jetzt vor Weihnachten zu viele Kontakte haben und es anschließend das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben, das sollten wir nicht tun.“Angela Merkel ist bekannt für ihre Ruhe und Sachlichkeit, umso überraschender ihre emotionale Rede gestern vor dem Bundestag, in der sie harte Maßnahmen vor den Feiertagen forderte.
Eigentlich hätte sich die Debatte um das Budget drehen sollen, stattdessen forderte die Naturwissenschaftlerin, angesichts der Fallzahlen auf „alarmierendem Niveau“, die Schulen drei Tage früher zu schließen und die Deutschen in eine Art freiwillige Vorweihnachts-Quarantäne zu schicken. „Wenn die Wissenschaft uns geradezu anfleht, vor Weihnachten, bevor man Oma und Opa sieht, eine Woche der Kontaktreduzierungen zu ermöglichen, sollte man darüber nachdenken.“
„Die Wissenschaft“waren in Deutschland in den vergangenen Tagen vor allem zwei Instanzen: Virologe Christian Drosten und das Robert Koch Institut. Dieses vermeldete gestern binnen 24 Stunden 590 Covid-Todesfälle – über 100 mehr als am bisherigen Rekordtag vergangenen Mittwoch. Bisher sind 20.000 Deutsche an oder mit Corona verstorben.
Deutschland soll feiertags ruhen
Auf die dramatischen Zahlen folgte eine „deutliche und letzte Warnung der Wissenschaft“von Drosten: Er fordert einen Lockdown über die Feiertage – gemeinsam mit den Experten der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina. Sie empfehlen, die Schulpflicht ab 14. Dezember aufzuheben und das öffentliche Leben vom 24. Dezember bis mindestens zum 10. Jänner weitgehend ruhen zu lassen. Auch die Geschäfte, außer jene für den täglichen Bedarf, sollten geschlossen bleiben.
Die Alternative, so die Wissenschaftler, seien deutlich steigende Infektionszahlen über den Jahreswechsel. Und damit verbunden: Ein drohender Lockdown
„Ende Jänner und über den gesamten Februar hinaus“– mit massiven Folgen für die Wirtschaft, so Drosten.
Die Warnung der Wissenschaft findet nicht nur bei der Kanzlerin Gehör, Gesundheitsminister Jens Spahn hält ein Herunterfahren zum Jahreswechsel für sinnvoll: „Mir fiele fast keine bessere Zeit im Jahr ein, in der Gesellschaft weiter runterzukommen.“Diverse Ministerpräsidenten schließen sich an und planen bzw. haben strengere Kontaktbeschränkungen erlassen.
In Österreich wurden gestern 54 Covid-Tote verzeichnet – umgelegt auf die Einwohnerzahl in etwa so viele wie in Deutschland. Allerdings liegt der Sieben-TageSchnitt hierzulande bei 87 Todesfällen pro Tag, vergangene Woche waren es 101. Mit niedrigeren Zahlen plant Deutschland nun also Verschärfungen, während in Österreich über Familienfeiern und Lockerungen zu Weihnachten diskutiert wird. Doch: Prescht der große Nachbar vor, zieht der kleine nach. Noch will Kanzler Sebastian Kurz öffentlich nicht über Verschärfungen zu Weihnachten sprechen. Das Leopoldina-Papier bestätige aber den bisherigen Weg, so Kurz: „Was wir gemacht haben, war aus Sicht dieser Wissenschaftlergruppe richtig.“Das Ziel sei, die deutsche Richtung zu vermeiden, bestätigt Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
Voraussetzung, so hört man aus Regierungskreisen, sei eine rege Teilnahme an den Massentests. Nehmen die Österreicher nicht „brav“daran teil, bringt das Christkind bald wohl doch noch Verschärfungen.