Öffentlich beten
Dürfen politische Amtsträger im Herzen der Demokratie eine religiöse Veranstaltung ausrichten? Darüber sind heftige Debatten ausgebrochen, seit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und die Präsidentin des Bundesrates, Andrea Eder-Gitschthaler, am Feiertag Mariä Empfängnis zu einer Gebetsfeier ins Parlament luden. SPÖ, Grüne und Neos sagten ihre Teilnahme ab, von Sobotkas Stellvertreterin Doris Bures kam harsche Kritik: Österreich sollte aufgrund seiner Geschichte sehr sensibel mit dem Thema der Trennung von Staat und Religion umgehen.
Diese Trennung macht auch deshalb Sinn, weil sich religiöse Minderheiten oder Konfessionslose gegenüber den anerkannten Religionsgemeinschaften nicht benachteiligt fühlen sollten. Die umstrittene Gebetsfeier war zwar christlich ausgerichtet, zugeschaltet waren aber Vertreter verschiedener Religionen, darunter auch der Wiener Oberrabbiner.
Von den Jesuiten ist dazu ein lustiger Dialog überliefert. Darf man beim Beten rauchen? Nein. Darf man beim Rauchen beten? Ja. Beten kann man demnach überall. Zu Hause, in der Kirche, im Wald – und auch im Parlament. Die Frage wird sein, ob Spurenelemente des Gebets auch in der politischen Arbeit spürbar sein werden. Denn dass Politiker beten, daran wird sich wohl niemand stoßen – wie umgekehrt auch nicht daran, dass es Politiker gibt, die das nicht (öffentlich) tun.
Über die Form und Inszenierung des Gebets, darüber kann und soll man ruhig streiten.