Dunkle Spuren
Das Blut auf der Treppe im Kapitol ließ sich nicht wegwaschen, dunkle Tropfen brannten sich für immer in den weißen Marmor ein. „Zum ersten Mal in der Geschichte waren heute Pistolenschüsse im Kapitol zu hören“, titelten die Zeitungen. Es war am 28. Februar 1890, so erzählte es mir ein TourGuide bei einer Führung durch das imposante Gebäude, als der Kongressabgeordnete William Taulbee hier nach einer persönlichen Fehde mit einem Journalisten vom selbigen erschossen wurde. „Taulbees Geist spukt noch heute in diesen Gängen“, flüsterte er.
Es war nur eine Anekdote auf dieser Tour, ein kleines unrühmliches Kapitel in der ansonsten so ruhmreichen Geschichte des Gebäudes, das als Tempel der Demokratie errichtet wurde. In dem die Ehrfurcht und der Respekt dieser einst so großen Nation vor den Errungenschaften der Freiheit überall zu spüren ist – und in dem so viele wahrhaft große Amerikaner gewürdigt werden.
Als große Amerikaner, als echte Patrioten bezeichnet sich auch jener Mob, der diese heiligen Hallen der Demokratie am Mittwoch mit Gewalt stürmte. Und damit doch nichts anderes tat, als die Werte der Nation mit Füßen zu treten. Wieder floss Blut – doch diesmal hinterlässt es nicht nur Flecken auf dem Marmor, es klebt auch an den Händen Donald Trumps. Die Spuren seiner Hetzerei und des Hasses, den er säte, haben sich dunkel in das Herz der Demokratie gebrannt – und auch wenn er dann endlich weg ist, wird der Geist seiner Präsidentschaft unheilvoll weiterspuken . . .