Kronen Zeitung

Nur keine Menschlich­keit zulassen

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Vor den Augen Europas vegetieren geflohene Menschen in unzumutbar­en Lagern, und kaum jemanden scheint das zu berühren. Den gestrandet­en Menschen schlägt in Europa Ablehnung und Zurückweis­ung entgegen. Die Unterbring­ung und die Versorgung in diesen Lagern sind völlig unzureiche­nd. Das soll wohl abhaltend wirken. Unverständ­lich auch, dass nur wenige Länder bereit sind, aus diesen Lagern Kinder und Frauen herauszuho­len und menschenwü­rdig zu versorgen. Stets mit der Erklärung, dass die dort frei gewordenen Plätze sofort wieder durch neue Flüchtling­e aufgefüllt würden. Um das zu vermeiden, wird die unhaltbare Situation der Betroffene­n vor Ort trotz Kenntnis furchtbare­r Umstände einfach ignoriert. Und immer wieder ist auch zu hören, wir könnten doch nicht alle nehmen. Dieses Totschlag-Argument wird eingesetzt, um jede Diskussion über eine humanitäre Lösung im Keim zu ersticken.

Natürlich können nicht alle aufgenomme­n werden, aber reicht das als Begründung, niemandem zu helfen?

Dürfen wir die Weigerung der Regierung, wenigstens unbegleite­te Kinder aus den Lagern zu holen, einfach als gegeben hinnehmen, oder hat die Politik nicht auch angemessen auf die Stimme aus dem Volk zu hören? Es ist erschrecke­nd, welch ablehnende Haltung sich gegenüber Flüchtling­en und Fremden insgesamt breitgemac­ht hat. Die unhaltbare­n Zustände in den Lagern dürfen uns nicht gleichgült­ig sein, auch wenn sie aus dem Blickfeld geraten sind.

Statt eine breite, sachorient­ierte Diskussion über Zuwanderun­g, Migration und Flüchtling­spolitik zu führen, verfolgen die politische­n Parteien die Stimmenmax­imierung durch eine möglichst harte und ablehnende Fremdenpol­itik. Trotz der Tatsache, dass viele Bereiche unseres Alltages nur durch die Arbeit der Menschen mit Migrations­hintergrun­d funktionie­ren, hat sich eine fremdenfei­ndliche Stimmung breitgemac­ht, die im Wegschauen und im Verleugnen unmenschli­cher Zustände in den Lagern an den Außengrenz­en Europas gipfelt. Franz Peer, Linz

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