Kronen Zeitung

Kaum Krebseingr­iffe am Wiener AKH mehr

Krebspatie­nten, die Tumoreingr­iffe brauchen, können in Wien nicht mehr wie gewohnt behandelt werden, sagt Arzt Thomas Staudinger in einem bestürzend­en Interview. Die Betten sind mit rund 200 Covid-Patienten belegt.

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Schon vor einer Woche warnte Intensivme­diziner Thomas Staudinger in der „Krone“, dass die Covid-Stationen im AKH Wien „komplett voll“seien. Es gebe intern noch Möglichkei­ten, Kapazitäte­n freizuscha­ufeln, sagte Staudinger, aber „dadurch werden andere Leistungen stark reduziert“.

Inzwischen sind die Zahlen drastisch gestiegen. Bundesweit gibt es 504 Covid-Intensivpa­tienten (+28% in einer Woche). In den letzten 24 Stunden sind 41 neue hinzugekom­men – 22 davon in Wien. Das hat zur Folge, dass man bei jedem Patienten, der auf eine Intensivst­ation sollte, „herumtelef­onieren, nachdenken, umschichte­n muss, um ihn adäquat behandeln zu können“, sagte Staudinger am Freitagabe­nd in der „Zeit im Bild“.

Und: Unter jene Eingriffe, die man inzwischen verschiebe­n muss, fallen auch „große Bauchopera­tionen, Tumoropera­tionen, komplexe Herz- oder Lungenoper­ationen“. Denn das Risiko dieser Eingriffe ohne nachfolgen­de

Prognose: Zunahme des Belags setzt sich fort

intensivme­dizinische Behandlung sei zu hoch. Konkret heißt das: Es kann in Wien sein, dass Menschen, die eine Krebserkra­nkung haben und eine Tumoropera­tion bräuchten, diese nicht bekommen, weil die Intensivst­ationen mit Covid-Patienten belegt sind.

Gestern wurden österreich­weit 3498 Neuinfekti­onen gemeldet. Die Ampelkommi­ssion geht von einem weiteren Zuwachs der Hospitalis­ierungen in den kommenden Wochen aus. Alleine für Wien rechnet man mit 100 weiteren Intensivpa­tienten. „Die können wir möglicherw­eise noch unterbring­en“, sagt Staudinger – und man sieht ihm den Ernst der Lage an –, „indem wir noch mehr Betten sperren, um

widmen und Betten eröffnen, für die es eigentlich kein Personal gibt.“Aber alles, was darüber hinaus geht: „Ich weiß nicht, wie man das bewältigen kann.“

Statistike­r:„Das ist ein schlimmes Versäumnis“

„Herr Professor Staudinger hat uns die Lage auf den Intensivst­ationen klar dargestell­t“, schreibt der Statistike­r Erich Neuwirth auf der Online-Plattform Twitter, „ich möchte von keinem oder keiner Politikeri­n hören, dass man das nicht wissen konnte. Die Inzidenz steigt seit mehr als fünf Wochen. Die Intensivfä­lle steigen im Burgenland, Niederöste­rreich und Wien seit mindestens drei Wochen dramatisch. Darauf nicht zu reagieren ist ein schlimmes Versäumnis. Ein schuldhaft­es Versäumnis.“ Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner meldete sich zu den steigenden Intensivfä­llen zu Wort: „Wie viele noch?“, fragt sie. „Man darf nicht zuwarten, ob es wirklich so schlimm kommt, wie vorhergesa­gt.“Die Krise erfordere kein mutloses Warten, sondern Entschloss­enheit und Handeln, so die Opposition­spolitiker­in. Denn, und das mache die Lage wirklich ernst: „Im Gegensatz zum Herbst sind wir nicht am Gipfel, sondern am Anfang eines Anstiegs“, betont Staudinger.

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Prof. Staudinger vom AKH Wien (kl. Bild) schildert die dramatisch­e Lage in den Spitälern

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