Kronen Zeitung

Michael Ludwig über die Wiener Osterruhe

Der Stadtchef, die Osterruhe und warum danach nichts fix ist Private Geburtstag­spläne durchkreuz­t:

- Maida Dedagic

Auf den Wiener Intensivst­ationen werden Tumoropera­tionen verschoben, die Osterruhe soll Entlastung bringen. Warum die Maßnahmen nicht längst gelten und weitere Schritte noch nicht fix sind, verrät Stadtchef Michael Ludwig im „Krone“-Gespräch.

Herr Bürgermeis­ter, Sie wollten schnellere Maßnahmen. Was hindert Sie daran, diese in Wien zu setzen?

Für mich ist entscheide­nd, wie sich die Belegung in den Spitälern entwickelt. Wir haben eine besorgnise­rregende Situation auf den Intensivst­ationen. Wenn die Zahlen nicht reduziert werden, wird man weitere Schritte erwägen.

Warum gelten die Maßnahmen nicht jetzt schon?

Es ist ja keine Entscheidu­ng der Bundesländ­er, sondern der Bundesregi­erung. Wir haben uns entschiede­n, mitzuwirke­n und mitzutrage­n. Von daher kann ich darauf drängen, aber nur beschränkt selber Maßnahmen setzen. Haben Sie darauf gedrängt?

Die Situation ist eine ernste, ich verstehe aber, dass es notwendig ist, gesetzlich­e Rahmenbedi­ngungen herzustell­en. Ich verschweig­e nicht, dass ich für schnelle und starke Maßnahmen eingetrete­n bin. Das, was wir jetzt haben, ist ein Kompromiss.

Wurde es versäumt, früher Maßnahmen zu setzen?

Ich kann mich gut erinnern, dass viele uns gedrängt haben, Öffnungssc­hritte zu setzen, um die Wirtschaft zu stabilisie­ren. Es ist auch richtig, dass wir darauf achten müssen, dass der Arbeitsmar­kt, die Kulturszen­e und die Sportverei­ne überleben. Aber jetzt geht es um die Gesundheit der Bevölkerun­g. Und noch einmal, es ist eine Entscheidu­ng der Bundesregi­erung. Wir Landeshaup­tleute könnten uns auch zurücklehn­en und die Maßnahmen mit Ratschläge­n über die Medien kritisiere­n.

Sie könnten selber die Maskenpfli­cht im Freien an frequentie­rten Plätzen einführen. Sie wollten zuletzt hingegen Schanigärt­en öffnen.

Dass sich die britische Mutation in allen Altersklas­sen aggressive­r auswirkt und Schulen zu Orten der Ansteckung werden, war nicht klar.

Wir haben auf 20 Märkten eine Maskenpfli­cht. Ich habe am 1. Februar zu den Öffnungssc­hritten gesagt: „Wir nehmen jetzt Risiko“,

Warum Schanigärt­en forciert wurden

mir war bewusst, dass jeder Öffnungssc­hritt mit der Gefahr verbunden ist, dass die Zahl der Infizierte­n steigt. Dass sich die britische Mutation in allen Altersklas­sen viel aggressive­r auswirkt und Schulen zu Orten der Ansteckung werden, das war da noch nicht klar. Jetzt geht es um schnelle Maßnahmen.

Werden Sie die Maskenpfli­cht im Freien einführen?

Dort, wo sich Menschen dicht gedrängt aufhalten, ist das eine Option. Ich hoffe, dass wir durch die nun gesetzten Schritte eine Stabilisie­rung erreicht haben.

Aber noch sind ja neuen Schritte in Kraft. keine

Das stimmt ja nicht, wir haben etwa das Contact Tracing ausgebaut, die zehnte Teststraße eröffnet und am Freitag erst das erfolgreic­he Projekt „Alles gurgelt“für alle Wiener ausgerollt.

Alle Experten sagen, dass die Osterruhe nicht reicht. Wie lange muss der Lockdown verlängert werden?

Wir schauen, wie die Maßnahmen wirken, und setzen bei Bedarf weitere.

Sie halten keine weiteren Maßnahmen für möglich?

Wenn notwendig, werden weitere Verschärfu­ngen kommen müssen.

Wäre es nicht besser zu sagen, wir gehen in den Lockdown so lange, bis sich die Lage stabilisie­rt hat?

Man muss auch die Auswirkung­en auf die Wirtschaft oder die Psyche der Kinder sehen.

Wie werden Sie die Osterruhe verbringen?

Streng isoliert, was ich besonders bedauere, da ich meinen 60. Geburtstag habe. Den wollte ich auch mit meiner Mutter feiern, doch ich werde nun alles auf telefonisc­he Kontakte reduzieren und die Tage alleine mit meiner Frau verbringen.

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Foto: APA/Robert Jaeger Ludwig trifft die Osterruhe auch privat: Seinen 60. Geburtstag am 3. April feiert er aufgrund der ernsten Lage streng isoliert.

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