Trump rüstet zum Comeback
Erste Erfolge, Partei fest im Griff, Spaltung der USA-Gesellschaft. Nun Rückenwind für Rückeroberung des Kongresses nächstes Jahr. Joe Bidens Präsidentschaft ohne Glanz, seine Partei nicht im Griff.
WASHINGTON. Um Donald Trump war es still geworden – eine Täuschung. Er kann zwar nicht mehr sein Gift ausstreuen wie früher, denn die (Anti-)Sozialen Netzwerke Facebook und Twitter haben ihn einfach zum Schweigen verurteilt. (Ohne diese notorischen Hassmaschinen im Privateigentum zweier Techno-Oligarchen ist selbst ein einst allmächtiger USPräsident in der heutigen Zeit zur Unperson verurteilt.)
Doch Trump hat sein eigenes politisches Netzwerk: die Republikanische Partei. Die hat er nach wie vor fest im Griff. Und seine Wähler halten wie eine eingeschworene Gemeinschaft zu ihm. Jeder seiner öffentlichen Auftritte im gewohnten Brüll-Format wird dort mit Jubelstürmen gefeiert.
Dazu kommt, dass die Präsidentschaft des Biden ziemlich glanzlos ist. Seine ziemlich flauen Zustimmungsraten nach einem Jahr im Amt bestätigen das Bild, dass Joe Biden nur deshalb gewann, weil die Mehrheit Trump weg haben wollte.
Jetzt hat Biden mit der Wahl von zwei Republikanern zu Gouverneuren eine deutliche Schlappe erlitten. Kann er noch aufholen?
Donald Trump hatte vor einem Jahr seine schwerste Niederlage erlebt. Nach nur einer Amtszeit wurde er als US-Präsident abgewählt. Seither untergräbt er das Vertrauen in die Wahlen – und bereitet den Boden für seine Rückkehr.
Den Weg für seine skurrilen Betrugsvorwürfe ebnete Donald Trump schon, da war noch keine einzige Stimme abgegeben. Bereits lange vor der Präsidentenwahl am 3. November voriges Jahr behauptete der damalige Amtsinhaber immer wieder, dass er gegen Herausforderer Joe Biden nur verlieren könne, wenn gepfuscht werde.
Bis heute gesteht Trump seine Niederlage nicht ein. Bis heute behauptet er, durch Betrug um einen Sieg gebracht worden zu sein. Systematisch untergräbt er das Vertrauen in die Demokratie. Für Trump-Fanatiker ist er der „amtierende Präsident“.
Trumps ambivalentes Verhältnis zur Wahrheit ist dokumentiert, die Faktenchecker der „Washington Post“haben ihm 30.573 falsche oder irreführende Aussagen in seiner vierjährigen Amtszeit nachgewiesen. Die Behauptungen über den angeblichen Wahlbetrug stellen allerdings alle anderen Unwahrheiten in den Schatten. Kritiker des Republikaners sprechen von „The Big
Lie“, der großen Lüge. Gerichte, Wahlbeamte, sogar sein sonst ergebener Justizminister William Barr – niemand von ihnen stützt die Betrugsthese, für die Trump keinen einzigen Beweis vorgelegt hat und die zum Sturm auf das Kapitol durch seine Anhänger am 6. Jänner führte.
Nibelungentreue seiner Partei und Anhängerschaft
Von einem Mangel an Beweisen lassen sich eingeschworene Trump-Anhänger in ihrer Nibelungentreue aber kaum erschüttern. Umfragen vermitteln einen Eindruck, welchen Schaden Trump an der traditionsreichen amerikanischen Demokratie bereits angerichtet hat – und weiterhin anrichtet: In einer Umfrage im Auftrag des Senders CNN im September gaben 78 Prozent der Republikaner an, Biden habe die Wahl nicht auf legitime Weise gewonnen. Bemerkenswert auch, dass diese Zahl zu- statt abgenommen hat: Im April hatten sich noch 70 Prozent entsprechend geäußert.
Das vorrangige Ziel der Republikaner ist, bei den Kongresswahlen im November 2022 die Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus zu erobern. Trump hat weiterhin gigantischen Einfluss auf Millionen Wähler. Der Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte CNN: „Ich hoffe, dass die Wahlen 2022 ein Referendum über die Leistung der aktuellen Regierung sein werden.“
Der 75-Jährige denkt schon weiter als bis zur Kongresswahl im kommenden Jahr, nämlich an die Präsidentenwahl 2024. Die Anzeichen verdichten sich, dass er noch einmal antritt. „ExPräsident Trump erzählt fast jedem, der zuhört, dass er 2024 erneut kandidieren wird – und eine Umfrage nach der anderen zeigt, dass die große Mehrheit bei den Republikanern ihn gerne dabei anfeuern würde“, heißt es bei Insidern. Und die „Washington Post“berichtete, Berater hätten Trump überzeugen können, mit der Verkündung einer Kandidatur bis nach den Kongresswahlen zu warten – damit es nicht auf ihn zurückfällt, sollten die Republikaner dabei ihre Ziele verfehlen.
In der Zwischenzeit übt sich Trump als Königsmacher, indem er republikanischen Kandidaten seine Unterstützung zusagt oder entzieht. Zum Beispiel im Bundesstaat Virginia, wo mit den Gouverneurswahlen am Dienstag ein wichtiger Stimmungstest anstand: Trump rief zur Wahl des Republikaners Glenn Youngkin auf, Biden machte Wahlkampf für den Demokraten Terry McAuliffe. Trumps Kandidat gewann – dabei hatte Biden Virginia bei der Präsidentenwahl vor einem Jahr noch mit sattem Vorsprung gewonnen.
Beflügelt werden dürfte Trump von den Schwierigkeiten, mit denen Biden derzeit kämpft: Vorzeigeprojekte werden in innerparteilichen Flügelkämpfen zerrieben, die Corona-Pandemie ist immer noch nicht überwunden, der Abzug der US-Soldaten aus Afghanistan endete im Chaos – und das sind nur einige der Baustellen. Bidens Zustimmungswerte sind seit seinem Amtsantritt um fast zehn Punkte gefallen, nur noch gut 43 Prozent zeigen sich zufrieden mit seiner Arbeit.