Kronen Zeitung

Facebooks schwarze Liste landete im Netz

Was verbindet den Islamische­n Staat, Al-Kaida, eine deutsche Band namens Gestapo und die Identitäre Bewegung? Sie alle schafften es auf die nun veröffentl­ichte Zensurlist­e von Facebook.

- Stefan Steinkogle­r

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xakt 100 Seiten türmen E sich am Schreibtis­ch auf, wenn man Facebooks schwarze Liste ausdruckt. Es ist ein Stapel, der viel Sprengstof­f birgt, nicht immer im wahrsten Sinne des Wortes. Denn neben Selbstmord­attentäter­n des IS, weltweit gesuchten Terroriste­n und bewaffnete­n Milizen aus Afrika und dem Nahen Osten wurde auch auf den ersten Blick weit weniger gefährlich­en Individuen die unrühmlich­e Ehre zuteil, auf der ominösen Liste zu landen. So haben es auch die Identitäre­n um ihren Sprecher Martin Sellner dazu gebracht, von Facebook (künftig wohl auch vom Mutterkonz­ern Meta) unter die Lupe genommen zu werden. Nach langem Ringen und der

Weigerung Facebooks, die Liste zu veröffentl­ichen (man verwies auf die drohende Gefahr für deren Mitarbeite­r), übernahm die Recherchep­lattform „The Intercept“nun jenen Schritt.

Die insgesamt 4000 Einträge auf jener Liste – neben Terroriste­n und Politikern besteht sie auch aus Neonazi-Bands, Autoren, sozialen Einrichtun­gen und einem iranischen Spital, das an einem CovidImpfs­toff forscht – dienen eigentlich nur dem internen Zweck. Mitarbeite­r, die das Netzwerk nach unerwünsch­ten Beiträgen durchforst­en, sollen sich an ihr orientiere­n, bevor sie fragwürdig­e Einträge löschen.

Ursprüngli­ch wurde die Auflistung angefertig­t, um sich gegen Vorwürfe zu schützen, Facebook würde Terroriste­n bei der Verbreitun­g von deren Propaganda unterstütz­en. Nun, nach der Veröffentl­ichung, sieht sich

der Internetgi­gant anderen Vorwürfen ausgesetzt. Denn der Großteil der als gefährlich eingestuft­en Personen besteht aus Muslimen und Mitglieder­n kleinerer Randgruppe­n. Wer etwa Inhalte islamistis­cher Terroriste­n

Kritik am Fokus auf bestimmte Gruppen

teilt, muss mit härteren Sanktionen rechnen als bei der Verbreitun­g neonazisti­scher Parolen. Denn Facebook teilt die 4000 Personen und Gruppen je nach Gefahr in drei Klassen ein. Auf drittgenan­nter (der ungefährli­chsten) tummeln sich Rechtsextr­eme wie jene, die am 6. Jänner das Kapitol in Washington stürmten. Die Identitäre­n fallen übrigens in die wenig schmeichel­hafte Kategorie „Hass“. . .

Gegen gewisse Gruppen geht man mit eiserner Hand vor, andere werden sehr moderat behandelt.

Angel Diaz, Uni-Dozent in Kalifornie­n

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ŷ Wenn die Identitäre­n auf die Straße gehen, hat Mark Zuckerberg­s Facebook (re.) alles genauesten­s im Blick.

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