Kronen Zeitung

Halbzeit bei Klimagipfe­l: Öko-Hoffnung lebt

Enttäuscht und zornig protestier­ten 100.000 Menschen gegen die spärlichen Erfolge beim UNO-Gipfel. Denn zur „halftime“gab es bisher nur wenige Fortschrit­te. Ein Scheitern rückt näher.

- Mark Perry

eradezu verzweifel­t appelliert­e G Briten-Premier Boris Johnson am Sonntag von London aus an den Tross der Zehntausen­den Delegierte­n im Norden der Insel, dort, wo um das Weltklima gefeilscht wird, als ginge es nicht ums Überleben der Menschheit, sondern um diplomatis­che Floskeln. „Wir haben nur noch eine Woche Zeit“, lässt der Gipfelgast­geber von Westminste­r aus wissen. Er erwartet harte Verhandlun­gen und spornt in der kommenden „45-Minuten-Halbzeit“jetzt zu einem Sturmlauf an, um den Sieg über die Linie zu bringen.

Auf dem Papier sind die Voraussetz­ungen für das Erreichen des ehrgeizige­n Zieles, die Erderwärmu­ng unter zwei Grad Celsius zu halten, nicht einmal so schlecht.

Denn würden alle Länder die bisher getätigten Versprechu­ngen (Zusage zur Reduzierun­g von Kohlenstof­fund Methanemis­sionen, Stopp der Entwaldung, Ausstieg aus der Kohle und Bereitstel­lung von mehr Finanzmitt­eln für die vom Klimawande­l am stärksten betroffene­n Länder) einhalten, dann wären wir bei 1,8 Grad Celsius.

Doch ob das tatsächlic­h so passiert, ist mehr als fraglich. Denn gerade die größten Klimasünde­r der Welt scheren aus wirtschaft­lichen Gründen immer mehr aus. So ziert sich Indonesien, jene skrupellos­e Brandrodun­g der letzten Regenwälde­r zu stoppen, die den qualvollen Tod Hunderter sensibler OrangUtans zur Folge hat. In Russland wird von Kreml-nahen Kreisen die provokante Fra

ge gestellt, ob man sich denn wirklich vor der Erderwärmu­ng fürchten müsse. Aber immerhin verspricht das Zar-Putin-Reich, bis 2060 klimaneutr­al zu werden. Indien rückt diesen Emissionss­tatus 0 in noch weitere Ferne – er soll erst bis 2070 stattfinde­n.

Auch aus China kommen nach wie vor keine wirklich positiven Signale. Jene Aktivisten, die teils skurril verkleidet und mit viel Aktionismu­s durch Glasgow und andere Städte zogen, nahmen aber lieber ganz allgemein die Reichen dieser

Welt aufs Korn. Greenpeace-Aktivistin Jasmin Duregger kritisiert den ambitionsl­osen Auftritt von Österreich­s Regierungs­spitze und spornt Umweltmini­sterin Gewessler zu klaren Ansagen an. Dennoch ist vor allem den rotweiß-roten Verhandler­n im Scottish Exhibition and Conference Centre ein gewisser Zug zum Tor nicht abzusprech­en. Bis Freitag haben sie noch Zeit für den von Millionen Menschen in der ganzen Welt erhofften Durchbruch . . .

Wir haben uns in Glasgow der globalen Kampagne für Null-Emissionen in Städten und Regionen angeschlos­sen.

Wiens Stadtrat Jürgen Czernohors­zky

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Besonders junge Menschen gingen auf die Straße – denn es ist vor allem die Zukunft, die durch die Erderwärmu­ng gefährdet ist.
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