„Fünfzig war damals für mich uralt“
„Studio 2“-Moderatorin Birgit Fenderl, am Do. wieder im Einsatz (17.30), über Frauen um 50: „Sie verschwinden aus der Öffentlichkeit...“
Birgit, zwanzig Jahre nach deinem Buch über Frauen Anfang dreißig mit dem Titel „Die 30erinnen“spürst du in deinem neuen Werk „Kurswechsel bei 5.0“dem Lebensgefühl dieser Frauengeneration noch einmal nach. Hält der Reality-Check für das, was sie sich für ihr eigenes Leben als junge Frauen vorgenommen hatten? Wie ist die Bilanz?
Nun, so unterschiedlich diese Frauen-Leben auch sind, zwei Schlussfolgerungen kann ich eindeutig ziehen: Erstens ist all diesen Frauen rund um fünfzig das „Fremdbild“nicht mehr so wichtig; rund um dreißig wollte jede eine „toughe Ärztin“oder eine „coole Anwältin“sein. Jetzt steht das „Selbstbild“im Vordergrund. Es ist einfach nimmer so wichtig, was andere über uns denken, sondern viel mehr, was WIR wirklich wollen.
Ein konkretes Beispiel aus den Geschichten deiner Porträtierten?
Da gibt’s zum Beispiel die Juristin, die immer was Handwerkliches machen wollte, die aber aus einer Akademikerfamilie kommt, wo „man“studiert. Also hat sie’s gemacht, hat auch als Juristin gearbeitet, aber es hat sie nicht erfüllt. Mit vierzig hat sie dann ein Geschäft für Wildkräuter eröffnet. Sie wollte nicht mehr dem Bild anderer entsprechen.
Die zweite Schlussfolgerung, die deiner Meinung nach Allgemeingültigkeit hat?
Wir dachten damals, dass wir die erste Generation sind, bei der es im Berufsleben wirklich egal ist, ob man männlich oder weiblich ist. Dass dem nach wie vor nicht so ist – von der ungleichen Bezahlung, die’s noch immer gibt, ganz abgesehen –, haben alle festgestellt.
Erzähl dazu ein Beispiel von dir, Birgit!
Nach der Geburt von Anna war ich sechs Monate daheim. Als ich wieder zu arbeiten begonnen hab, hat mich prompt wer gefragt, ob ich nicht nach Haus gehör, weil ich doch ein Baby daheim hab. Ich hab noch nie von einem Mann gehört, der das gefragt worden ist.
Deine Anna-Sophie ist jetzt sechzehn und hat bereits den Fernsehpreis Romy als „Beste Nachwuchsschauspielerin“gewonnen. Du moderierst seit 2019 das Vorabend-Magazin „Studio 2“. Haben sich DEINE Erwartungen erfüllt, die du mit dreißig hattest? Damals warst du gerade frisch verheiratet!
(lacht) Ja, und fünfzig war damals für mich uralt! Diese Ehe hat nur ein paar Jahre gehalten, und auch sonst ist vieles anders gekommen, als ich’s erwartet hatte. Mit dreißig hab ich noch gedacht, dass ich mein Leben mehr planen kann. Ich war letztlich SEHR alleinerziehend mit meiner Tochter, noch dazu, wo meine Mutter gestorben ist, als Anna ein Jahr alt war. Aber im Wesentlichen ist alles gut so, wie es ist. Und obwohl es nach wie vor so ist, dass Frauen ab fünfzig aus der Öffentlichkeit verschwinden – als Role Models nimmt man in diversen Berichten immer lieber Jüngere
–, so geht’s uns heute in Österreich doch sehr viel besser als Frauen in anderen Gesellschaften.
Kommen denn auch Frauen aus anderen Kulturkreisen bei dir zu Wort?
Aber ja! Zum Beispiel eine ägyptische Bloggerin, die in Wien lebt und erzählt, dass in der muslimischen Gesellschaft eine Frau mit fünfzig bereits als alte Frau gilt; und dass ihre Mutter zu ihr immer gesagt hat: „Mit fünfzig kannst du keine bunten Sakkos mehr tragen!“Oder eine Japanerin, die erzählt, wie unterschiedlich dort auch heute noch Mädchen und Buben erzogen werden, dass aber andererseits dafür Alter bei den Japanern wesentlich mehr wertgeschätzt und geehrt wird als in der westlichen Gesellschaft. Dessen ungeachtet, gilt die Frau ab fünfzig auch dort als alt. Da bin ich schon froh, dass ich in Österreich lebe. Und ich mach es anders als meine Mutter, die immer zu Hause war und von meinem Vater abhängig – was sie nicht glücklich gemacht hat. Ich möchte Anna vermitteln, dass man als Frau auch unabhängig durchs Leben gehen kann . . .