Der „Krone“-Wegweiser durch das 2-G-Chaos
Hält 2 G bzw. der Lockdown für Ungeimpfte vor dem Verfassungsgerichtshof?
Medizinrechtsexperte Karl Stöger von der Uni Wien geht bei 2 G davon aus. Aus medizinischer Sicht sei die Impfung „das beste Mittel zur Bekämpfung der Pandemie, das wir haben“, so Stöger. Die Regelung werde zu einem Zeitpunkt eingesetzt, wo „nichts mehr tun nicht mehr geht“, außerdem sei 2 G ein gelinderes Mittel etwa anstelle eines Lockdowns für alle mit möglichen schweren Folgen, wie wirtschaftlichen Einbußen. Und das Ziel von 2 G sei auch, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Etwas anders wäre die Lage bei einem völligen Lockdown für Ungeimpfte, der auch in den Privatbereich eingreifen würde, da sei 2 G das gelindere Mittel, so Stöger. Sowieso müsste vor Inkrafttreten eine solche Maßnahme medizinisch belegt werden.
Wie geht es jetzt epidemiologisch weiter?
Das lässt sich noch nicht sagen. Das Geschehen ist abhängig davon, wie konsequent die Maßnahmen umgesetzt und kontrolliert werden – und „wie sie sich dann auswirken“, so Komplexitätsforscher Peter Klimek. Weiters im Köcher: Impfungen bzw. Auffrischungsimpfungen. Mit diesen Maßnahmen sollte es rein rechnerisch möglich sein, die Kurve
wieder abzuflachen. Andere Seite: Bleiben die Fallzahlen weiter über Wochen so hoch, könnte die Kurve von selbst abflachen – weil es bald keinen mehr gibt, der nicht mit dem Virus in Berührung gekommen ist. Eine Überlastung der Spitäler wird dann zunehmend wahrscheinlich.
Wie lange steigen die Zahlen noch bzw. ab wann gehen sie zurück?
Das wird sich zeigen, angesichts der Maßnahmen und wie sie gelebt werden sowie angesichts der Impfrate. Hier haben sich zwar zuletzt vermehrt Menschen impfen lassen. Allein deswegen sinken die Zahlen nicht gleich in den nächsten Tagen.
Wie viele Geimpfte brauchen wir noch?
Im September erklärte Simulationsforscher Niki Popper, es müsste zumindest noch eine Million Menschen zeitnah geimpft werden, um einen guten Effekt zu erzielen. Damals waren rund 59 Prozent vollständig geimpft. Jetzt sind es etwa 63 Prozent. Im Lauf der Pandemie etablierte sich eine 80-prozentige Durchimpfungsquote als Mindestmaß – diese dürfte angesichts der Delta-Variante überholt sein. Zuletzt wurden am Samstag vorige Woche nach Bekanntwerden der 2-G-Regeln rund 32.000 Impfungen durchgeführt, jede dritte davon „Erststiche“, am Sonntag kamen nochmals rund 10.000 Geimpfte dazu. Inklusive der Auffrischungsimpfungen gab es in der Vorwoche mehr als 213.000 Impfungen – so viele wie zuletzt Anfang August.
Wer kann bzw. sollte nicht geimpft werden?
Eine Impfung ist immer im individuellen Fall abzuklären. Nicht geimpft werden
können etwa Kleinkinder. Gut abzuwägen sind Impfungen z. B. bei Menschen mit speziellen Vorerkrankungen, Impf-Allergien oder situationsbezogen etwa dann, wenn der Betroffene gerade Fieber hat.
Wer braucht wann den dritten Stich?
Prinzipiell ist die Auffrischung jetzt für alle ab 18 Jahren möglich, die letzte Corona-Impfung sollte sechs Monate her sein. Besonders empfohlen wird die Auffrischung für über 65-Jährige und Risikopatienten. In Ausnahmefällen ist die Auffrischung
früher empfohlen, nämlich ab vier Monaten – und zwar für jene Menschen, die mit AstraZeneca geimpft worden sind, eine längere Reise antreten oder ein besonders hohes Expositionsrisiko haben. Aufgefrischt wird mit BioNTech/Pfizer bzw. Moderna.
Woher weiß ich, wann ich die Auffrischung brauche?
Im Impfpass bzw. in der Grünen-Pass-App steht, wann die letzte Corona-Impfung verabreicht worden ist. Da kann man nachsehen, ob sie bereits sechs Monate her ist. Im Individualfall, je nach Risiko,
Vorerkrankung und Alter, sollte man eine mögliche frühere Auffrischung mit dem Hausarzt abklären. Das Impfdashboard des Gesundheitsministeriums bietet einen Auffrischungsrechner – siehe https://info.gesundheitsministerium.gv.at/
Was gilt für EinmalGeimpfte?
Wer mit dem Einmal-Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson geimpft worden ist, sollte sich bald – zumindest aber im Mindestabstand von 28 Tagen – einen zweiten Stich holen. Am idealsten mit einem mRNA-Vakzin wie BioNTech/Pfizer, aber auch erneut Janssen. Als Nachweis gilt Janssen nur bis 3. Jänner 2022.
Welche Auswirkungen hat 2 G auf die Unternehmen?
Die Freizeit- und Sportbetriebe rechnen laut Wirtschaftskammer mit einem Umsatzminus von 40 Prozent. Die Friseure berichten von Stornos am ersten Tag: 15 bis 40 Prozent, in einzelnen Betrieben gar bis 50 Prozent der Termine wurden abgesagt. Einbußen von einem Fünftel des normalen Umsatzes werden erwartet. Die Gastronomie trifft vor allem die Absage von Weihnachtsfeiern. „Aber auch Stammtische finden nicht mehr statt, weil bei so gut wie jedem bisher einer war, der nur mit Test teilgenommen hat“, sagt Wirtesprecher Mario Pulker. Keine Bilanz gab es vorerst von der Hotellerie, die mit der „harten, aber unvermeidlichen“Maßnahme hofft, den Winter zu retten.