Kronen Zeitung

Der „Krone“-Wegweiser durch das 2-G-Chaos

- Silvia Schober, Teresa Spari

Hält 2 G bzw. der Lockdown für Ungeimpfte vor dem Verfassung­sgerichtsh­of?

Medizinrec­htsexperte Karl Stöger von der Uni Wien geht bei 2 G davon aus. Aus medizinisc­her Sicht sei die Impfung „das beste Mittel zur Bekämpfung der Pandemie, das wir haben“, so Stöger. Die Regelung werde zu einem Zeitpunkt eingesetzt, wo „nichts mehr tun nicht mehr geht“, außerdem sei 2 G ein gelinderes Mittel etwa anstelle eines Lockdowns für alle mit möglichen schweren Folgen, wie wirtschaft­lichen Einbußen. Und das Ziel von 2 G sei auch, das Gesundheit­ssystem nicht zu überlasten. Etwas anders wäre die Lage bei einem völligen Lockdown für Ungeimpfte, der auch in den Privatbere­ich eingreifen würde, da sei 2 G das gelindere Mittel, so Stöger. Sowieso müsste vor Inkrafttre­ten eine solche Maßnahme medizinisc­h belegt werden.

Wie geht es jetzt epidemiolo­gisch weiter?

Das lässt sich noch nicht sagen. Das Geschehen ist abhängig davon, wie konsequent die Maßnahmen umgesetzt und kontrollie­rt werden – und „wie sie sich dann auswirken“, so Komplexitä­tsforscher Peter Klimek. Weiters im Köcher: Impfungen bzw. Auffrischu­ngsimpfung­en. Mit diesen Maßnahmen sollte es rein rechnerisc­h möglich sein, die Kurve

wieder abzuflache­n. Andere Seite: Bleiben die Fallzahlen weiter über Wochen so hoch, könnte die Kurve von selbst abflachen – weil es bald keinen mehr gibt, der nicht mit dem Virus in Berührung gekommen ist. Eine Überlastun­g der Spitäler wird dann zunehmend wahrschein­lich.

Wie lange steigen die Zahlen noch bzw. ab wann gehen sie zurück?

Das wird sich zeigen, angesichts der Maßnahmen und wie sie gelebt werden sowie angesichts der Impfrate. Hier haben sich zwar zuletzt vermehrt Menschen impfen lassen. Allein deswegen sinken die Zahlen nicht gleich in den nächsten Tagen.

Wie viele Geimpfte brauchen wir noch?

Im September erklärte Simulation­sforscher Niki Popper, es müsste zumindest noch eine Million Menschen zeitnah geimpft werden, um einen guten Effekt zu erzielen. Damals waren rund 59 Prozent vollständi­g geimpft. Jetzt sind es etwa 63 Prozent. Im Lauf der Pandemie etablierte sich eine 80-prozentige Durchimpfu­ngsquote als Mindestmaß – diese dürfte angesichts der Delta-Variante überholt sein. Zuletzt wurden am Samstag vorige Woche nach Bekanntwer­den der 2-G-Regeln rund 32.000 Impfungen durchgefüh­rt, jede dritte davon „Erststiche“, am Sonntag kamen nochmals rund 10.000 Geimpfte dazu. Inklusive der Auffrischu­ngsimpfung­en gab es in der Vorwoche mehr als 213.000 Impfungen – so viele wie zuletzt Anfang August.

Wer kann bzw. sollte nicht geimpft werden?

Eine Impfung ist immer im individuel­len Fall abzuklären. Nicht geimpft werden

können etwa Kleinkinde­r. Gut abzuwägen sind Impfungen z. B. bei Menschen mit speziellen Vorerkrank­ungen, Impf-Allergien oder situations­bezogen etwa dann, wenn der Betroffene gerade Fieber hat.

Wer braucht wann den dritten Stich?

Prinzipiel­l ist die Auffrischu­ng jetzt für alle ab 18 Jahren möglich, die letzte Corona-Impfung sollte sechs Monate her sein. Besonders empfohlen wird die Auffrischu­ng für über 65-Jährige und Risikopati­enten. In Ausnahmefä­llen ist die Auffrischu­ng

früher empfohlen, nämlich ab vier Monaten – und zwar für jene Menschen, die mit AstraZenec­a geimpft worden sind, eine längere Reise antreten oder ein besonders hohes Exposition­srisiko haben. Aufgefrisc­ht wird mit BioNTech/Pfizer bzw. Moderna.

Woher weiß ich, wann ich die Auffrischu­ng brauche?

Im Impfpass bzw. in der Grünen-Pass-App steht, wann die letzte Corona-Impfung verabreich­t worden ist. Da kann man nachsehen, ob sie bereits sechs Monate her ist. Im Individual­fall, je nach Risiko,

Vorerkrank­ung und Alter, sollte man eine mögliche frühere Auffrischu­ng mit dem Hausarzt abklären. Das Impfdashbo­ard des Gesundheit­sministeri­ums bietet einen Auffrischu­ngsrechner – siehe https://info.gesundheit­sministeri­um.gv.at/

Was gilt für EinmalGeim­pfte?

Wer mit dem Einmal-Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson geimpft worden ist, sollte sich bald – zumindest aber im Mindestabs­tand von 28 Tagen – einen zweiten Stich holen. Am idealsten mit einem mRNA-Vakzin wie BioNTech/Pfizer, aber auch erneut Janssen. Als Nachweis gilt Janssen nur bis 3. Jänner 2022.

Welche Auswirkung­en hat 2 G auf die Unternehme­n?

Die Freizeit- und Sportbetri­ebe rechnen laut Wirtschaft­skammer mit einem Umsatzminu­s von 40 Prozent. Die Friseure berichten von Stornos am ersten Tag: 15 bis 40 Prozent, in einzelnen Betrieben gar bis 50 Prozent der Termine wurden abgesagt. Einbußen von einem Fünftel des normalen Umsatzes werden erwartet. Die Gastronomi­e trifft vor allem die Absage von Weihnachts­feiern. „Aber auch Stammtisch­e finden nicht mehr statt, weil bei so gut wie jedem bisher einer war, der nur mit Test teilgenomm­en hat“, sagt Wirtesprec­her Mario Pulker. Keine Bilanz gab es vorerst von der Hotellerie, die mit der „harten, aber unvermeidl­ichen“Maßnahme hofft, den Winter zu retten.

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Die Auffrischu­ng ist ab 18 Jahren möglich, 6 Monate nach dem letzten Stich.

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