Kronen Zeitung

Neugeboren­es qualvoll an Taschentuc­h erstickt

Vater wollte seinen Sohn beruhigen

- Petra Weichhart

„Ich bereue es von Herzen“, hielt ein 34-Jähriger im Landesgeri­cht St. Pölten (NÖ) fest. Weil sein 6 Wochen altes Baby zu laut schrie, hatte der Vater ihm ein Taschentuc­h in den Mund gestopft. Es starb. Jetzt wurde er wegen Körperverl­etzung mit tödlichem Ausgang zu drei Jahren Haft – davon zwei bedingt – verurteilt.

„Ich wollte einfach, dass er aufhört zu schreien!“Betretene Stille herrschte am Montagvorm­ittag am Landesgeri­cht St. Pölten. „So ein Fall ist mir noch nie untergekom­men“, hielt auch der Richter schockiert fest. Wegen Körperverl­etzung mit tödlichem Ausgang musste sich ein 34-Jähriger jetzt vor Gericht verantwort­en. „Er hat einen gravierend­en Fehler begangen, aber er ist kein schlechter Mensch“, hielt sein Verteidige­r gleich zu Beginn fest.

Die Tat ereignete sich bereits vor fünf Jahren, am 22. Jänner 2016: Der Mann und seine Frau mit ihrem sechs Wochen alten Sohn waren zu Hause. Eine Freundin war zu Besuch, um der jungen Mutter die Haare zu färben. Der Vater wollte dem Säugling die Windeln wechseln, was sich für den leicht beeinträch­tigten Mann schwierig gestaltete. Das Neugeboren­e schrie lauthals. Anstatt seine Frau aus dem Nebenzimme­r zu holen, knüllte der Jungvater ein Papiertasc­hentuch zusammen und stopfte es seinem Sohn in den Rachen.

Er habe sich zuerst nichts dabei gedacht, sagte er jetzt. Die Versuche, das Taschentuc­h wieder zu entfernen, misslangen – das Papierknäu­el bohrte sich immer tiefer in den Hals des Babys. Als das Kind schließlic­h blau wurde, rief er um Hilfe.

Doch auch den Sanitätern gelang es nicht, den Fremdkörpe­r zu entfernen. Erst der Notarzt schaffte es nach rund 30 Minuten, das blutdurcht­ränkte Taschentuc­h mittels Zange herauszuho­len. Für den Säugling be„Ich

gann damit ein viermonati­ger Überlebens­kampf in mehreren Spitälern, den er schlussend­lich am 12. Mai 2016 verlor. „Warum haben Sie nicht um Hilfe gebeten“, will der Richter wissen. „Ich wollte es alleine schaffen“, so der Angeklagte.

Der Vorfall kam erst jetzt ans Licht, als der 34-Jährige Anfang dieses Jahres seine heutige Ex-Frau bei einem Streit mit einem Küchenmess­er bedrohte. Sie erstattete daraufhin Anzeige. Ursprüngli­ch hatten die beiden angegeben, sie hätten Erbrochene­s mit dem Taschentuc­h weggewisch­t und das Baby hätte sich dieses dann selbst in den Rachen gesteckt.

Das Taschentuc­h war vom Mund aus nicht mehr zu sehen. Blutdurcht­ränkt glich es der Schleimhau­t. Erst beim dritten Versuch konnte ich es entfernen.

Notarzt beim Prozess in St. Pölten

 ?? ?? ŷ Der 34-Jährige beim Prozess. Der Säugling (Symbolbild) wurde nach dem Vorfall auch im Donauspita­l in Wien behandelt.
ŷ Der 34-Jährige beim Prozess. Der Säugling (Symbolbild) wurde nach dem Vorfall auch im Donauspita­l in Wien behandelt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria