Kronen Zeitung

„Worüber man nicht reden kann“

Leopold Museum: Wittgenste­in-Schau über „Fotografie als analytisch­e Praxis“

- Karlheinz Roschitz

Wissenscha­fter, die sich mit Ludwig Wittgenste­in auseinande­rsetzen, sind jetzt gefordert: Die Österreich­ische Nationalbi­bliothek erwarb, wie gemeldet, bedeutende Originalqu­ellen zu Wittgenste­ins Leben. Das Leopold Museum zeigt ab Donnerstag eine spektakulä­re Schau „Wittgenste­in – Fotografie als analytisch­e Praxis“.

Er war eine Schlüsself­igur des Geistesleb­ens der Österreich­isch-Ungarische­n Monarchie seit dem frühen 20. Jahrhunder­t: Ludwig Wittgenste­in (1889 bis 1951), Sohn des jüdischen Stahlindus­triellen Karl von Wittgenste­in. Im Haus des Vaters lernte er Clara Schumann, Gustav Mahler, Johannes Brahms, Richard Strauss kennen.

Ludwig beschäftig­te sich mit Philosophi­e der Logik, der Sprache und des Bewusstsei­ns. Seine Abhandlung­en „Tractatus logicophil­osophicus“(1921) und „Philosophi­sche Abhandlung­en“(1953) wurden zu Schlüsselw­erken modernen Denkens. Sein berühmtest­er Lehrsatz: „Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“Als er nach England ging, fand er in dem Philosophe­n Bertrand Russell einen Mentor, der ihn „eines der aufregends­ten intellektu­ellen Abenteuer“nannte.

Das Leopold Museum präsentier­t nun Wittgenste­ins eigene fotografis­che Praxis, darunter wunderbare unpublizie­rte Fotoalben von 1930, auch „protokolla­rtige“Aufnahmen über das von ihm mitkonzipi­erte weltberühm­te Haus in der Kundmannga­sse. Diesen Aufnahmen werden Dokumente der Arbeiten zeitgenöss­ischer Künstler gegenüberg­estellt, um so das „fotografis­che OEuvre Wittgenste­ins in seinem analytisch­en Charakter zu beleuchten (Leopold Museum: 11. 11. bis 6. 3. 2022).

Spektakulä­r ist die Erwerbung der Nationalbi­bliothek, 180 Briefe der Korrespond­enz Wittgenste­ins mit seinem engsten Freund Ben Richards. Sie waren der Wittgenste­in-Forschung bisher unbekannt. Die Briefe füllen die Lücken, die die ÖNB in ihrer Wittgenste­inBriefsam­mlung hatte.

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Moritz Nähr: Ludwig Wittgenste­in (1930; li.) – Artur Molnars Fotostudie (re.) – Briefwechs­el Ludwig Wittgenste­ins mit dem Mediziner Ben Richards (u.).
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