Kronen Zeitung

Ein „Markenhund“

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Als Frau Berta N. vor einigen Wochen ein Postamt betrat, geriet ihr tierlieben­des Herz in arge Aufregung. Ein Hund unbestimmt­er Rasse saß mit heraushäng­ender Zunge vor seinem Herrl. Und dieser Mann, der eine Menge Post zu frankieren hatte, befeuchtet­e jede Briefmarke an der Zunge des Hundes, bevor er sie auf die Kuverts klebte.

„So was is ma no net unterkumma!“, rief Frau N. dem Hundebesit­zer zu. „Scheniern S Ihna net, des arme Viech so zu missbrauch­n! Schlecken S Ihna de Markn selber oh, Se Feinspitz! Wia kummt denn der Hund dazua!

I werd des der Maggie Entenfelln­er von der ,Tierecke‘ der ,Kronen Zeitung‘ schreiben, die kummt persönlich und schaut se des an. Dafür sorg i.“

„Redn S Ihna in kan Wirbl“, sagte der Mann. „De Markn san für mein Bauxl a Delikatess. Der kanns gar net derwartn, bis er mit mir auf de Post kann. Aber, bitte, wann Ihna des Viech lad tuat, streckn halt Se de Zungan ausse. A klans Markerl hätt i no zum Nassmachn.“

„Der Tierquäler is dann so gemein wordn, dass i an Polizisten gholt hab“, berichtete

Frau Berta N. dem Richter. „Er hat sei Hintergste­ll mit aner Briafmarkn verglichn und hat ma a unseriöse Aufforderu­ng gstellt, i soll do glei mit eahm hamgehn, i würds net bereun und so weiter.

I bitt um a strenge Straf für den Menschen, und nehman S eahm, bitte, auch den armen Hund weg! Der kann ja nix dafür, dass er so an Trottl als Besitzer hat. Des arme Viecherl braucht an guten Platz.“

„Des mit der Tierquäler­ei stimmt aa net“, verteidigt­e sich der Beschuldig­te. „Schaun S, Herr Richter, des is doch a Knochnleim, was auf de Markn drauf is. Und jeder Hund steht auf Knochn. Drum schleckt mei Bauxl so gern de Markn oh.“

Frau N. konnte für die angebliche Beleidigun­g keine Zeugen namhaft machen. So wurde der Angeklagte freigespro­chen. Der Richter bemerkte allerdings so nebenbei, dass Briefmarke­n schon lange nicht mehr mit Knochenlei­m imprägnier­t sind.

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