Sie emanzipiert sich im Geier-Horst
Gestern an der Wien: Catalanis „La Wally“– Gespräch mit Barbora Horáková
Die Pragerin Barbora Horáková inszenierte Alfredo Catalanis Opernrarität „La Wally“. Und die polnische Sopranistin Izabela Matula steigt in der veristischen Opernversion des Heimatromans „Die Geier-Wally“mutig in die Tiroler Berge und zum ersten Mal auf die Bühne des Theaters an der Wien. Gestern war Premiere.
„Es geht um Liebe, aber auch um Emanzipation“, sagt Barbora Horáková. Für sie ist Wally, deren reales Vorbild die Malerin Anna Stainer-Knittel war. 1858 hob die Malerin tatsächlich wagemutig einen Adlerhorst aus, nachdem sich kein Mann im Dorf traute. „Eine außergewöhnliche Frau mit enormer Stärke, die nicht ins Schema einer Dorffrau passt. Sie hat eine stark männliche Seite. Das macht den Männern Angst. Sie will nicht den vom Vater bestimmten Mann heiraten.“
Wally flieht die Dorfgesellschaft, die für Horáková sehr düster ist: „Wally findet ihre Heimat in den Bergen, weil das ihrer Natur entspricht.“Die in der Schweiz lebende Regisseurin, die in der Kammeroper 2019 „L’Enfant/Olympia“inszenierte, holt auch den Geier aus dem Heimatroman Wilhelmine von Hillerns zurück. In der Oper fehlt er allerdings – als „Symbol für die Wildnis in Wally selbst.“
So wie die Opernheldin, die am Ende Liebe findet, aber sich ihrem von einer Lawine fortgerissenen Giuseppe Hagenbach in den weißen Tod nachstürzt, scheint auch ihre neue Wiener Interpretin, die Polin Izabela Matula, Stärke zu besitzen: Als Kind wollte sie zum Ballett, verliebte sich dann ins Klavier. Gesungen hat sie im Chor, war „als Teenager allerdings nur ein Jahr dort, bis der Lehrer meinte: Sorry, du singst zu laut. Meine Stimme war zu einfach stark.“
Kraft braucht sie als Frau auch in ihrer katholischen Heimat: „Polen ist sehr konservativ. Wir müssen stark kämpfen – daher kann ich mich sehr gut mit der Rolle identifizieren. Wir müssen uns genauso gegen eine männlich dominierte Gesellschaft wehren.“