„Rote Wally“der Tiroler Bergwelt
An der Wien: Alfredo Catalanis „La Wally“, Orozco-Estrada, Horáková, Matula
Wer 2017 bei der Volksopernproduktion von Catalanis „La Wally“Zweifel hatte, dass das Dramma lirico im Repertoire eines Hauses notwendig sei, erhielt erneut die Bestätigung: Roland Geyer, Intendant des Theaters an der Wien, ließ die junge Barbora Horáková „La Wally“neu inszenieren. Drei nicht sehr spannende Stunden!
Als „Verismo-Kitsch“taten viele das Werk ab – mochten auch Gustav Mahler und Arturo Toscanani seit der Uraufführung 1892 an der Mailänder Scala noch so begeistert gewesen sein. Immerhin haben aber Catalani und Librettist Luigi Illica die Vorlage, die „Geier-Wally“, den kolportagehaften Herzschmerz-Roman Wilhelmine von Hillerns, um einiges entschlackt.
An der Wien versucht nun Andrés Orozco-Estrada, die üppig schwelgerische, mitunter pompös auftrumpfende Musik mit den Wiener Symphonikern auszubalancieren. Eine Gratwanderung zwischen theatralischem Espressivo und Illustration der Szenen, die dem Orchester überzeugend gelingt.
Barbora Horáková lässt sich eine Menge psychologisch stimmiger Details einfallen. Vieles wirkt aber auch überzeichnet. Die Ausstatterin Eva-Maria Van Acker führt den Zuschauer durch Tirol, auf Almen, zum
Fest mit Schiachperchten, in eine HightechFabrik statt der Berghütte. Merkwürdige, etwas willkürliche Projektionen zeigen Würste, die sich dahinwälzen, geschundene Riesenhände, Tierfelle.
Den theatralischen Höhepunkt, die gewaltige Lawine, die Wallys Geliebten Hagenbach mitreißt, und den Sprung Wallys in den Abgrund, verschenkt Horáková. Hagenbach geht ins Dunkel, Wally steht sinnend an der Rampe. Erbärmlich!
Izabela Matula imponiert als „rote Wally“mit Kraft und Energie. Ein Mordsweib Wagner’schen Zuschnitts mit großem Sopran. Solide der einzige berühmte Schlager des Werks „Ebben! Ne andrò lontana“, mit dem die Callas und Renata Tebaldi brillierten. Leonardo Capalbo gefällt als kraftstrotzender Geliebter Hagenbach. Solide die übrige Besetzung: Jacques Imbrailo als treuer Werber um Wally, Vincenzo Gelnner, ist sehr präzise geführt; Alastair Miles ist der verknöcherte alte Stromminger, Ilona Revolskya der Bursch Walter, Zoltán Nagy ein Fußgänger und Sofia Vinnik Afra.