Kronen Zeitung

„Atomare“Kriegsgefa­hr

Noch während selbst Atomgegner zu beruhigen versuchten, kam aus der Ukraine die Nachricht, dass es im AKW Zaporischs­chja doch einen direkten Kriegstref­fer gab . . .

- Mark Perry, Christoph Matzl

Entgegen anderslaut­ender E Meldungen hat es in Europas größtem AKW in Zaporischs­chja doch einen direkten Treffer gegeben. Es war also schlimmer als bisher bekannt“, so GLOBAL-2000-Experte Dr. Reinhard Uhrig unter Berufung auf die ukrainisch­e Atomaufsic­ht bestürzt: „Wir haben die Bilder von dieser Zerstörung gesehen. Bei den Kämpfen – von welcher Seite auch immer – wurde ein Transforma­tor beschädigt.“Dass genau deswegen Reaktor 6 notabgesch­altet werden musste, entpuppte sich aber als reine Kriegsprop­aganda. Denn dies war bereits zuvor wegen eines technische­n Defekts geschehen.

Immerhin funktionie­re das Strahlungs­messsystem noch trotz gekappter Datenübert­ragung. Das sei ein eklatanter Bruch aller internatio­naler Atomabkomm­en. Dennoch kann auch Greenpeace-Experte Jan Haverkamp vorerst beruhigen: „Keiner der noch erreichbar­en Messpunkte der Region zeigt erhöhte Strahlung.“

Mithilfe seiner ukrainisch­en Mitstreite­r und einer deutschen Physikerin hat Uhrig auch die momentane Situation rund um die und in der Atomruine von Tschernoby­l analysiert. Die Situation sei bedrohlich und fürchterli­ch, aber nicht akut, lautet das Resümee. Zwar werde der 1986 durch eine Explosion zerstörte Meiler ab Samstagfrü­h nicht einmal mehr genügend Notstrom für die Kühlung der 18.000 Brenneleme­nte haben, doch unmittelba­re Gefahr bestehe damit noch nicht. „Da dieser Atommüll seit der Abschaltun­g Ende der 1990er in den Pools dümpelt, entwickelt dieser nicht mehr so viel Wärme wie jener in Fukushima, die genau vor elf Jahren in Reaktor 4 zur verheerend­en Explosion geführt hat. Deswegen wird das Wasser hier erst nach Wochen verdampft sein. Selbst dann werden die Brenneleme­nte nicht mehr explodiere­n“, versichert Uhrig. Er ist aber in Sorge um das „tapfer ausharrend­e“Bedienungs­personal, das dann das Abklingbec­ken nicht mehr sichern könnte.

Weiteres AKW könnte bald in der Kampfzone liegen

Zusätzlich­es Problem für die als russische „Geisel“verblieben­e Mannschaft: Ohne Strom kann auch die Belüftung nicht mehr betrieben werden. Die Menschen im Gebäude sind dann zwangsläuf­ig einer höheren Radioaktiv­ität ausgesetzt. Inzwischen droht die russische Kriegstakt­ik die Energiever­sorgung der Ukraine gänzlich zu lähmen, auch das AKW in Juschnoukr­ajinsk. Denn bald könnte auch diese Region umkämpft sein . . .

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