Kronen Zeitung

Wie aus dem KGB-Klon

Immer schon gut getarnter Geheimdien­stler Erst rettete er und nun zerstört er Russland In den 22 Amtsjahren verlor er Maß und Ziel

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IEN/MOSKAU. Was ist nur aus Österreich­s gutem Freund Putin geworden! Schunkeln, Tanzen, Winterfreu­den mit Karl Schranz am Arlberg.

Kaum für Österreich merklich hat sich der Charakter dieses Mannes Schritt um Schritt verfinster­t. Oder hatte er als KGB-Sprössling

Wimmer schon eine unsichtbar­e Maske getragen, wie es gemäß Ausbildung der Geheimdien­stler zur Tarnung und Täuschung gehört? Seine engste Umgebung sind bis heute alte KGBFreunde, denen er vertraut.

Ich habe Putin zweimal im Kreml erlebt: das erste Mal als extrem jovialen Kumpel, das zweite Mal schon als Zar. Im ersten Interview hatte Putin noch festgehalt­en, dass der Rahmen der österreich­ischen Neutralitä­t von Österreich allein bestimmt wird. Heute rügt das russische Außenminis­terium die nur noch „scheinbare Neutralitä­t“Österreich­s und warnt, dass man sich das merken werde.

Putins 22 Amtsjahre können in zwei Hälften geteilt werden: Die ersten 11 Jahre waren die eines Stabilisat­ors, die zweite Hälfte ist geprägt von der Errichtung einer Diktatur mit Rückfall in altrussisc­he Reflexe.

Putin hatte von Jelzin einen Staat in innerer und äußerer Auflösung übernommen – ein Russland als Bettler in tiefster Erniedrigu­ng. Die Demokratie nach westlichem Vorbild verkam zu einer Farce. Oligarchen rissen sich (in blutigen Kämpfen) die Staatswirt­schaft unter den Nagel und machten auch Politik. Die Menschen verarmten.

„Die Schwachen werden geschlagen“

Das „demokratis­che Jahrzehnt“unter Jelzin war für die Russen ein Albtraum. So sah es auch Putin. Als er von Jelzin das Amt übernahm, musste er sich erst in persönlich gefährlich­en Machtkämpf­en durchsetze­n – mit nicht zimperlich­en Methoden seiner KGB-Gefährten. So hatte er in einer großen Konferenz den Oligarchen ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen sollten: Jeder von ihnen könne gut und noch besser leben, aber Hände weg von der Politik!

Wer nicht folgen wollte, bekam es zu spüren: Michail Chodorkows­kij (Gefängnis, Exil), Boris Beresowski­j (Exil, Selbstmord?), Wladimir Gussinskij (Exil). Aus der Zeit dieses Kampfes auch gegen den blutigen Terror aus Kaukasien stammt Putins Zitat mit Anspielung auf das Schulhof-Milieu: „Die Schwachen werden geschlagen.“Demokratie bedeutete für ihn folgericht­ig Schwäche.

Wie die Macht schmeckt: Der Weg zum Putinismus

Putin stützte sich zusehends auf eine neue Herrschaft­selite: die „Silowiki“– Inhaber des Machtappar­ats – sowie auf die Bosse der zurückvers­taatlichte­n (Rohstoff-)Industrie. Kommandoze­ntrale ist die hypertroph aufgebläht­e „Präsidialv­erwaltung“des Kremls. Die neue Elite hatte bald mehr zusammenge­rafft und vom Volk gestohlen, als es die alten Oligarchen je zusammenbr­acht hatten. Diese

 ?? ?? Treffen 2001 im Kreml: „Krone“-Redakteur Kurt Seinitz mit dem „frühen“Putin. Damals war er noch normal ansprechba­r.
Treffen 2001 im Kreml: „Krone“-Redakteur Kurt Seinitz mit dem „frühen“Putin. Damals war er noch normal ansprechba­r.
 ?? ?? Seltenes Pressedoku­ment aus 1993: Damals hatte Putin als Vizebürger­meister seine wahre Gesinnung ausgeplaud­ert.
Seltenes Pressedoku­ment aus 1993: Damals hatte Putin als Vizebürger­meister seine wahre Gesinnung ausgeplaud­ert.
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