Das Böse schläft nie: Am Ende trifft es immer den kleinen Mann
Der drohende Klang der Sirenen, der ständige Lärm von Erschütterungen und die nackte Angst der Menschen sind Branko noch immer allgegenwärtig. Dabei liegt der Kosovokrieg schon mehr als 20 Jahre zurück. Doch Leid und Schrecken vergisst man nicht.
Während er mich an einem viel zu warmen Märzmorgen Richtung Flughafen fährt, reden wir natürlich über den furchtbaren Krieg in der Ukraine. Egal, wie sehr man es auch versucht, man kommt nicht daran vorbei. Das Thema ist omnipräsent und weckt in Branko böse Erinnerungen an seine eigene Vergangenheit.
Der Serbe lebte an der Grenze zum Kosovo und bekam die Luftangriffe und Bombardierungen der NATO direkt mit. „Was Putin in der Ukraine macht, ist schrecklich“, zeigt er sich erschüttert, „es ist nicht zu entschuldigen. Keiner will Krieg, und am Ende erwischt es immer das Volk, den kleinen Mann. Nicht die Politiker und Reichen.“
Branko tut sein Möglichstes, um zu helfen. In seinem Heimatbezirk Floridsdorf spendete er noch am Abend vor unserer Fahrt alte Kleidung und Decken. Er übergab die Hilfsgüter mit seinen Kindern, obwohl es daheim auch alles andere als rosig aussieht. Sein Unternehmen hatte vor Corona noch 13 Autos in der Flotte, jetzt seien es bloß noch vier. „Die Touristen bleiben aus, und ohne die Russen wird es noch schlimmer werden.“Durch seinen Job ist Branko im Zwiespalt. Er verurteilt das Vorgehen Putins, weiß aber auch, dass ein Wien ohne Russland-Touristen negative Auswirkungen auf seinen Job hat. Dazu gesellen sich private Sorgen. In seiner Wohnung schnellen die Energie- und Heizkosten in schwindelerregende Höhen, dazu kommt das Parkpickerl, das ihm mit seinem Auto mit niederösterreichischem Firmenkennzeichen Probleme bereitet. Manchmal hilft nur mehr das Credo: Die Hoffnung stirbt zuletzt.