Kronen Zeitung

Das Böse schläft nie: Am Ende trifft es immer den kleinen Mann

- ROBERT FRÖWEIN Wien-Reporter

Der drohende Klang der Sirenen, der ständige Lärm von Erschütter­ungen und die nackte Angst der Menschen sind Branko noch immer allgegenwä­rtig. Dabei liegt der Kosovokrie­g schon mehr als 20 Jahre zurück. Doch Leid und Schrecken vergisst man nicht.

Während er mich an einem viel zu warmen Märzmorgen Richtung Flughafen fährt, reden wir natürlich über den furchtbare­n Krieg in der Ukraine. Egal, wie sehr man es auch versucht, man kommt nicht daran vorbei. Das Thema ist omnipräsen­t und weckt in Branko böse Erinnerung­en an seine eigene Vergangenh­eit.

Der Serbe lebte an der Grenze zum Kosovo und bekam die Luftangrif­fe und Bombardier­ungen der NATO direkt mit. „Was Putin in der Ukraine macht, ist schrecklic­h“, zeigt er sich erschütter­t, „es ist nicht zu entschuldi­gen. Keiner will Krieg, und am Ende erwischt es immer das Volk, den kleinen Mann. Nicht die Politiker und Reichen.“

Branko tut sein Möglichste­s, um zu helfen. In seinem Heimatbezi­rk Floridsdor­f spendete er noch am Abend vor unserer Fahrt alte Kleidung und Decken. Er übergab die Hilfsgüter mit seinen Kindern, obwohl es daheim auch alles andere als rosig aussieht. Sein Unternehme­n hatte vor Corona noch 13 Autos in der Flotte, jetzt seien es bloß noch vier. „Die Touristen bleiben aus, und ohne die Russen wird es noch schlimmer werden.“Durch seinen Job ist Branko im Zwiespalt. Er verurteilt das Vorgehen Putins, weiß aber auch, dass ein Wien ohne Russland-Touristen negative Auswirkung­en auf seinen Job hat. Dazu gesellen sich private Sorgen. In seiner Wohnung schnellen die Energie- und Heizkosten in schwindele­rregende Höhen, dazu kommt das Parkpicker­l, das ihm mit seinem Auto mit niederöste­rreichisch­em Firmenkenn­zeichen Probleme bereitet. Manchmal hilft nur mehr das Credo: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria