Kronen Zeitung

„Südtirol ein Musterbeis­piel“

Erbittert wurde Jahrzehnte um die Autonomie Südtirols gerungen. Heute ist sie ein Vorzeigemo­dell. Die Außenminis­ter gedachten gestern der Streitbeil­egungserkl­ärung vor 30 Jahren.

- Philipp Neuner

Am 11. Juni vor 30 Jahren wurde vom damaligen Außenminis­ter Alois Mock eine „Streitbeil­egungserkl­ärung“an den italienisc­hen Botschafte­r in Wien übergeben. Das Datum war wohl nicht zufällig gewählt: Wiederum 30 Jahre zuvor, in der Nacht auf den 12. Juni 1961, hatten Aktivisten in ganz Südtirol 37 Strommaste­n in die Luft gejagt (siehe Bericht unten). Hintergrun­d war die nur bruchstück­haft umgesetzte Südtirol-Autonomie, die dem Land 1946 im Gruber-De-Gasperi-Abkommen zugesicher­t worden war und in dem Österreich die Funktion einer Schutzmach­t zugestande­n wurde. Bruno Kreisky brachte die SüdtirolFr­age 1960 in seiner Funktion als Außenminis­ter vor die UNO in New York.

Unzählige Verhandlun­gsrunden später legten Österreich und Italien im Juni 1992 den Konflikt schließlic­h bei. „Die Streitbeil­egung war das Ende eines komplexen Prozesses. Sehr viel menschlich­es Leid ist dem vorausgega­ngen“, sagte Österreich­s Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg bei einer Jubiläumsv­eranstaltu­ng gestern in Bozen, zu der der Südtiroler LH Arno Kompatsche­r (SVP) geladen hatte. „Es war dies eine Zeit voller Probleme und Hürden, von Gewalt und Gegengewal­t, von bitteren Kränkungen, Hoffnungen und Enttäuschu­ngen. Auch dieser Umstände gedenken wir heute“, sagte Schallenbe­rg im Beisein seines italienisc­hen Amtskolleg­en Luigi Di Maio. Die Autonomie Südtirols gelte mittlerwei­le als europäisch­es Vorzeigemo­dell und Musterbeis­piel für die einvernehm­liche Lösung von Minderheit­enfragen, betonte Schallenbe­rg und regte Gespräche über einen weiteren Ausbau an: Der Idealzusta­nd sei erst dann erreicht, wenn er „nichts weiter tun müsste als festzustel­len, dass alles prächtig läuft“.

1948 hatte Rom das erste Autonomies­tatut erlassen, gleichzeit­ig aber mit einer „Italianisi­erung Südtirols“begonnen. Nach der Interventi­on Kreiskys 1960 bei der UNO dauerte es bis 1972 zum zweiten Autonomies­tatut. Dieses galt 1992 als umgesetzt.

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