Peng! Du bist tot!
Die Textüberschrift ist der Titel einer deutschen Krimikomödie aus dem Jahr 1987. Anders als im Film sind Waffen nicht lustig. Sondern auch ein gesellschaftliches Problem.
Rund um Waffen und Gewalt reichen die Streitthemen von Raketenwerfern für die Ukraine über den Amoklauf in einer amerikanischen Schule bis zu hiesigen Frauenmorden. Vor 10 Tagen wurde auf krone.tv bei Katia Wagner über das Massaker in Texas diskutiert, bei dem 19 Kinder mit einer modernen AK-15 erschossen wurden. Diese vor Ort frei erhältliche Kriegswaffe der russischen Armee ist als Kalaschnikow bekannt. Auf der Metaebene ging es bei Wagner um Waffen als Teil der Kultur in den USA und Österreich.
Die Debatte über das hochemotionale Thema fand ruhig und sachlich statt, obwohl Gesprächsteilnehmer wie ein Anwalt der heimischen Waffenlobby oder ein blauer Politiker naturgemäß nicht frei von Interessen sind. Doch sie spielten weder mit Angstgefühlen, noch beschimpften sie nicht anwesende Dritte. Ihre Argumente kann ja jeder selbst einordnen, solange die entsprechende Interessenlage transparent ist.
Was freilich typisch war: Mit Ausnahme
von Moderatorin Katia Wagner sprachen da nur Männer im Fernsehstudio. Obwohl 52 Prozent der Bevölkerung weiblich sind, werden geschlechtsunabhängig lebensbedrohliche Waffen als Männersache gesehen. Es ist absurd, wenn fast ausschließlich Männer bereden, was gegen 2021 in Österreich an Frauen begangene 29 Morde und Totschläge – und zudem rund 20 Mordversuche und schwere Gewalttaten – künftig am besten getan werden soll.
Der Interessenverband der Waffenhändler betont zu Recht, dass nicht jedes Schießgerät als solches das Problem sei. Sondern der Mensch mit der Waffe. Man sollte dabei aber nicht eine angeblich „geringe“Zahl der obigen Tötungsdelikte pro Jahr – fünf waren es mit legalen oder illegalen Schusswaffen – in den Mittelpunkt stellen. Immerhin sind das fast 20 Prozent, was nicht dazugesagt wurde. Viel zu viel Gewalt ist es sowieso.
Zahlenbeispiele dürfen generell nicht der Verharmlosung dienen. Richtig ist, dass es in Österreich – gemäß Studien der UNO korrekterweise im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße gerechnet – zu fast zehnmal weniger Tötungstaten als in den USA und zwanzigmal weniger als in Russland kommt. Richtig ist trotzdem auch, dass viel Luft nach unten vorhanden ist, solange beispielsweise Japan dreimal weniger Morde als wir aufweist.
Apropos Waffen im Handel: Vor vielen Jahren bekam ich ein EMail, das mit den Worten „Wir Waffenhändler sind nicht gut auf Sie zu sprechen!“begann. Ich hatte im Fernsehen analysiert, dass Waffenhändler Imagedaten haben, die jenen schlechten Vertrauensdaten von Politikern gleichen. Nach dem etwas bedrohlich klingenden Einleitungssatz des Mailschreibers folgten nachvollziehbare Einwände. Er wolle als Verkäufer von Polizeiund Sportwaffen nicht mit Yuri Orlov in einen Topf geworfen werden.
Diese von HollywoodStar Nicolas Cage gespielte Filmfigur hatte den berüchtigten „Händler des Todes“Victor But zum Vorbild, der von Al-Kaida bis zu den Taliban alle mit Kriegs- und Mordwaffen belieferte. Ja, wir müssen uns von einer Sippenhaftung voller Klischees lösen. Wer Waffen herstellt oder verkauft, nimmt nicht automatisch Blut an seinen Händen in Kauf. Kritiker an zu viel Waffenerwerb sind umgekehrt nicht zwangsläufig der Meinung, die Polizei und das Bundesheer dürften bloß
mit Wattebällchen ausgerüstet werden.
Zur Redlichkeit der Debatte gehört noch etwas dazu: Nicht so zu tun, als würde es bloß um Jäger und Sportler gehen. Es gibt etwa 130.000 gültige Jagdkarten im Land. Wenn wir rund 320.000 Waffenbesitzer in Österreich haben, gehen die mit ihren über 1,1 Millionen Schusswaffen also nicht alle jagen. Detto verbringen sie nicht samt und sonders ihre Freizeit auf Schießständen oder laufen zum Beispiel als Biathleten durch den Schnee. Viele wollen einfach unbedingt eine oder mehrere Schusswaffen besitzen. Der subjektiven Sicherheit zuliebe oder vielleicht auch aus zweifelhaften Gründen.
Angesichts des Bildes legaler Schusswaffen in Österreich darf gefragt werden: Ist da nicht viel zu viel halbautomatisches Zeug zum Schießen sowie an Revolvern und Pistolen, Büchsen und Flinten – im Waffengesetz als Kategorie B oder C bezeichnet – erlaubt? Müssten wir nicht bei den psychologischen Tests und Registrierungen der Waffenbesitzer noch mehr machen? Der Standardeinwand des bürokratischen Aufwands ist heikel. Da könnte man auch gegen Führerscheine für Autofahrer sein.
Eine andere Geschichte sind Kriegswaffen. Privat sind sie verboten. In der besten aller Welten würden selbst Staaten sie nicht brauchen. Der russische Angriffskrieg beweist das Gegenteil. Sowohl bei der Ausstattung des österreichischen Bundesheeres als auch für EUropäische Waffenlieferungen in die Ukraine gilt dennoch politisch ein bloß halbherziges ja, aus dem bei steigender Höhe der Kosten und Schwere der Waffen jein wird. Ein bisschen schießen klingt allerdings wie ein bisschen schwanger.