Kronen Zeitung

Schweres Glück

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„Ich möchte für mich ein Album machen, mit Fotos von Kindern, die lächeln. Und mich darüber freuen, dass ich an diesem Lächeln beteiligt war.“Diese Worte des Ukrainers A. hielt die Literaturh­istorikeri­n Oxana Matiychuk in ihrem „Ukrainisch­en Tagebuch“fest, in dem sie in der „SZ“über „Kleinigkei­ten, die im Krieg ein großer Lichtblick sein können“berichtete. A. bringt dringend benötigte Nahrung und Hygieneart­ikel in Kinderheim­e – und sorgt so für ein kleines Glück in dieser schweren Zeit. Für dieses Lächeln, das er sich bewahren möchte.

Man kann es nur erahnen, das immense Leid der Menschen in den umkämpften Gebieten. Manchmal spürt man es auch in dem, was plötzlich Glück bedeutet. Wenn das, was bis vor Kurzem noch so selbstvers­tändlich war, für kurze Momente den dunklen Alltag des Krieges erhellt. Matiychuk erzählt von der Krankensch­wester nahe der Front, die die so dringend benötigten Medikament­e küsst, von der Frau, die sich über den Luxus neuer Handtücher freut, vom Liebespaar, das in den Ruinen heiratet . . . Und manchmal ist es einfach nur die Stille, wenn das Donnern der Bomben eine Pause einlegt, die sich wie Glück anfühlt. Im Gemetzel von Sjewjerodo­nezk ist den Zivilisten wahrschein­lich nicht einmal das vergönnt . . .

Es war nur ein schlichter Satz, mit dem der Künstler Sergiy Maidukow in der „Zeit“auf die Frage, wie es ihm gehe, antwortete – aber einer, in dem sich Bürde, Angst und Entbehrung des Kriegs widerspieg­eln: „Ich genieße es, zu atmen.“

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franziska.trost@kronenzeit­ung.at

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