Grau in Grau
Was machen S denn da?“, fragte misstrauisch ein Hausbesorger den Mieter Otto L., der eben mit Pinsel und Farbtopf am Fenster hantiert.
„Neugieriche Leit sterbn bald“, erwiderte Herr L. „Aber in aner Stund sehn S es sowieso: I bemal jetzt de Mauer rund um mei Fenster in künstlicher Weise. I bin nämlich scho angfressn von dem grauen Haus, man kummt se ja vur wia im Landesgericht. Habn S was dagegen, weil S so entgeistert auffespechtln? Wenn ja, behaltn S es für sich. I bin net neugierig auf Ihrn Kommentar.“
„Ahso“, sagte der Hauswart. „Se wolln in Hundatwossa söhlich nachverschandeln. Fangen S gar net an damit, sunst bin i beim Hausverwalter. Se glaubn do net, dass se aus unserm Haus a Walt-Disney-Burg machn könna. Traun S Ihna ja kan Pinselstrich, sunst bin i beim Verwalter, da können S Gift drauf nehma.“– „Der Hausverwalter kann mi, mit Ihna zsamm“, erwiderte Otto L. „Es gibt nämlich ein Fensterrecht, mit mein Fenster kann i machn, was i wüll. Se machn ja mit de Gangfenster aa, was S wolln. Se habns scho a Jahr net putzt.“
„Wann S mi beleidichn, zag i Ihna des Faustrecht“, entgegnete der Hauswart. „Se wolln ja nur die Aufmerksamkeit auf sich lenken, Se wollen in de Zeitung kumma. A Fensterrecht wolln S? Hängen S Ihna am Riegel auf, dann habn S Ihna Fensterrecht und in der Zeitung san S aa.“
„I hab dann leider retiriern müassn“, berichtete der Hausmeister dem Bezirksrichter.
„Er hat mi von obn mit Terpentin bespritzt. Wia i gsehn hab, er fangt wirklich an und malt um sei Fenster a riesige Wolkn mit aner Sunn, bin i sofort auf de Polizei. De Polizisten habn gsagt, se schreitn nur ein, wenn er pornografisch wird.
Wann se aner a nackerte Frau neben sei Fenster malt, dann kummt de Feuerwehr und spritzt eahms wieder obe. So schauts aus. Wia i zruckkumma bin, hat der Herr Ott grad sein Balkon umgstochn und hat an Baum gepflanzt. Wahrscheinlich für sein Hund!“
Herr Otto zog eine Ehrenbeleidigungsklage gegen den Hauswart zurück: Die Malerei war nicht wetterfest. Ein starker Regen hat sie wieder abgewaschen.