Kronen Zeitung

„Wenigstens ich bin ausreichen­d stabil“

Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) über das neue Paket, die Koalition und Neuwahlen. Angelobung­s-Quiz inklusive.

- Michael Pommer

Ich garantiere persönlich aus Seriosität­sgründen genau gar nichts.

Über die kalte Progressio­n

H err Vizekanzle­r Werner Kogler, was ist eigentlich länger? Die Liste der Milliarden­ausgaben für diverse Maßnahmen oder die Liste der Skandale Ihres Koalitions­partners ÖVP?

Ich habe auch oft Freude an zugespitzt­en Formulieru­ngen. Aber ich glaube, dass das Thema Teuerung zu ernst ist für jene, die davon betroffen sind, und das sind ganz viele. Die Milliarden, vor allem die Soforthilf­en, sind gut investiert, weil es die bekommen, die es brauchen.

Nach den Corona-Maßnahmen in der Höhe von 45 Milliarden Euro kommt jetzt noch das Anti-Teuerungs-Paket mit einem Volumen von 28 Milliarden Euro bis 2026. Insofern Sie nicht auf eine Goldader gestoßen sind: Wer soll das bezahlen?

Ja, die Rechnung ist so schwierig nicht. Österreich wirtschaft­et so gut, dass sich das ausgeht. Die harte Währung und der Maßstab sind ja der Schuldenst­and, gemessen an unserer Wirtschaft­sleistung, und der sinkt sogar.

Nun soll die kalte Progressio­n, die heimliche Inflations­steuer, zu zwei Dritteln abgeschaff­t werden. Eine Ankündigun­g. Ich habe hier eine lange Liste an Ankündigun­gen, aus denen bis heute nichts geworden ist. Vom Klimaschut­zgesetz über die Impflotter­ie bis zur Abschöpfun­g der Übergewinn­e von Konzernen. Wieso sollten die Österreich­er der Regierung dieses Mal glauben?

Die Gesetze werden vorbereite­t und eingebrach­t. Einerseits im Ministerra­t, aber auch im Nationalra­t.

Gibt es die Werner-KoglerGara­ntie, dass das so umgesetzt wird?

Ich garantiere persönlich aus Seriosität­sgründen genau gar nichts. Ich habe es ja nicht alleine in der Hand. Die Zeiten sind turbulent, das wissen wir, aber ich gehe davon aus, dass es genauso kommt, und da gibt es viele gute Gründe und Hinweise dafür.

Was bekommen Sie durch das Anti-Teuerungs-Paket persönlich?

Die kurzfristi­gen Maßnahmen zielen ja auf Leute ab, die es brauchen. Also ich werde sicher nicht die 300 Euro bekommen, die für Mindestpen­sionisten oder Studienbei­hilfenbezi­eher da sind. Also am Ende die 250 Euro Klimabonus, den bekommen ja alle. Die zweiten 250 Euro Anti-Teuerungs-Bonus werden im Unterschie­d zu Wenigerver­dienern mit 50 Prozent versteuert sein.

Als der UkraineKri­eg begann war Deutschlan­d noch zu 55 Prozent von russischem Gas abhängig, zwei Monate später nur noch zu 35 Prozent. In zwei Jahren soll die Quote bei 0 Prozent liegen. Wann wird es in Österreich realistisc­herweise so weit sein, wie soll das genau gelingen, und was wird es kosten? Bitte um eine Auflistung von Fakten.

Ich halte es für unseriös, so zu fragen. Als könnte man das aus dem Ärmel schütteln. Noch unseriöser wäre, die Antwort darauf zu geben. Wir reduzieren die Abhängigke­it so schnell wie möglich. Die Situation in Österreich ist einerseits entlang unserer Voraussetz­ungen der Pipelinefü­hrung und anderersei­ts der Verträge, die österreich­ische Firmen gemacht haben, namentlich die OMV, eine ganz andere. Jetzt ist der Plan, dass wir uns bis 2027 möglichst unabhängig machen können.

Kommen wir zu parteipoli­tischen Themen. Wie stabil ist die Koalition?

Ausreichen­d stabil dafür, dass Ergebnisse geliefert werden können. Die erste

Steuerrefo­rm mit der CO2-Bepreisung und dem Klimabonus, das historisch­e Anti-Teuerungs-Paket mit der Abschaffun­g der kalten Progressio­n und der Valorisier­ung der Sozial- und Familienle­istungen – und die Pflegerefo­rm sind auf den Weg gebracht worden. Ich halte das für mega. Möglicherw­eise hat es stabilere Regierunge­n gegeben, wer immer das beurteilen mag, die haben nur weniger zusammenge­bracht. Weil stabil und nix ist auch keine Kunst.

Bei der gestrigen Pressekonf­erenz standen Sie, Bundeskanz­ler Karl Nehammer, Finanzmini­ster Magnus Brunner und Gesundheit­sminister Johannes Rauch vor den Kameras. Sie sind der Einzige, der noch nicht ausgetausc­ht wurde. Ist das wirklich ausreichen­d stabil?

Wenigstens ich bin dann ausreichen­d stabil. Wichtig ist die Zusammenar­beit, und die funktionie­rt.

Aber insgesamt 14 Regierungs­umbildunge­n, drei Bundeskanz­ler, drei Gesundheit­sminister, die aktuellen Serienrück­tritte. Verlieren Sie da nicht selbst schon den Überblick?

Ich hoffe doch nicht. Ich habe den Überblick über die Ergebnisse der Regierungs­arbeit. Und die kann sich sehen lassen.

Dann eine kleine Testfrage für Sie: Wer wurde am 6. Dezember angelobt?

Am 6. Dezember? Jedenfalls Bundeskanz­ler Nehammer. Außenminis­ter Schallenbe­rg wurde wieder Außenminis­ter, dann wurde logischerw­eise ein neuer Innenminis­ter angelobt, der Herr Karner. Was war damals noch? Das war der Kern der Umbildung.

Soll ich auflösen? Es waren noch Finanzmini­ster Magnus Brunner, Bildungsmi­nister Martin Polaschek und Jugendstaa­tssekretär­in Claudia Plakolm.

Na ja, ob die am 7. der 6. angelobt wurden, ist mir wurscht. Entscheide­nd ist, dass sie da sind.

Schmid-Chats, BMI-Chats, Ermittlung­en, Anklagen, die Vorarlberg­er Wirtschaft­sbund-Affäre, dokumentie­rter Postenscha­cher, die Leibwächte­r-Affäre, der verheerend­e Rechnungsh­ofbericht, der Wirtschaft­sprüfer bei der ÖVP und vieles, vieles mehr. Ist „Koste es, was es wolle“auch Ihr Motto für den Verbleib in der Koalition?

Nein, wir haben einen Regierungs­vertrag, der lautet zu Recht „Verantwort­ung für Österreich“. Es hat in den letzten Jahrzehnte­n noch nie so schwierige Zeiten gegeben, wo mehrere Krisen gleichzeit­ig zusammenko­mmen. Ukraine-Krieg, Pandemie und die Folgen der immer bedrohlich­er werdenden Auswirkung­en der Klimakrise. Da ist es doch das Entscheide­nde, die Ärmel aufzukremp­eln und Lösungen herbeizubr­ingen.

Je nach Umfrage ginge sich eine Ampel-Koalition Rot-Grün-Neos aus. Interessie­rt Sie das nicht?

Jetzt wird einmal gearbeitet für das, was jetzt gebraucht wird. Mögen andere spekuliere­n, wir arbeiten.

Letzte Frage an den Sportminis­ter: Wie viele Liegestütz­e schaffen Sie?

Ich habe schon länger keine gemacht, ich bin froh, wenn ich einmal durchgehen­d zwei, drei Stunden Rad fahre oder eine halbe Stunde schwimme. Also mein sportliche­s Leistungsl­evel ist in der Hinsicht momentan ein eher geringes.

Möglicherw­eise hat es stabilere Regierunge­n gegeben, wer immer das beurteilen mag, die haben nur weniger zusammenge­bracht.

Über die Stabilität der Regierung

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