„Wenigstens ich bin ausreichend stabil“
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) über das neue Paket, die Koalition und Neuwahlen. Angelobungs-Quiz inklusive.
Ich garantiere persönlich aus Seriositätsgründen genau gar nichts.
Über die kalte Progression
H err Vizekanzler Werner Kogler, was ist eigentlich länger? Die Liste der Milliardenausgaben für diverse Maßnahmen oder die Liste der Skandale Ihres Koalitionspartners ÖVP?
Ich habe auch oft Freude an zugespitzten Formulierungen. Aber ich glaube, dass das Thema Teuerung zu ernst ist für jene, die davon betroffen sind, und das sind ganz viele. Die Milliarden, vor allem die Soforthilfen, sind gut investiert, weil es die bekommen, die es brauchen.
Nach den Corona-Maßnahmen in der Höhe von 45 Milliarden Euro kommt jetzt noch das Anti-Teuerungs-Paket mit einem Volumen von 28 Milliarden Euro bis 2026. Insofern Sie nicht auf eine Goldader gestoßen sind: Wer soll das bezahlen?
Ja, die Rechnung ist so schwierig nicht. Österreich wirtschaftet so gut, dass sich das ausgeht. Die harte Währung und der Maßstab sind ja der Schuldenstand, gemessen an unserer Wirtschaftsleistung, und der sinkt sogar.
Nun soll die kalte Progression, die heimliche Inflationssteuer, zu zwei Dritteln abgeschafft werden. Eine Ankündigung. Ich habe hier eine lange Liste an Ankündigungen, aus denen bis heute nichts geworden ist. Vom Klimaschutzgesetz über die Impflotterie bis zur Abschöpfung der Übergewinne von Konzernen. Wieso sollten die Österreicher der Regierung dieses Mal glauben?
Die Gesetze werden vorbereitet und eingebracht. Einerseits im Ministerrat, aber auch im Nationalrat.
Gibt es die Werner-KoglerGarantie, dass das so umgesetzt wird?
Ich garantiere persönlich aus Seriositätsgründen genau gar nichts. Ich habe es ja nicht alleine in der Hand. Die Zeiten sind turbulent, das wissen wir, aber ich gehe davon aus, dass es genauso kommt, und da gibt es viele gute Gründe und Hinweise dafür.
Was bekommen Sie durch das Anti-Teuerungs-Paket persönlich?
Die kurzfristigen Maßnahmen zielen ja auf Leute ab, die es brauchen. Also ich werde sicher nicht die 300 Euro bekommen, die für Mindestpensionisten oder Studienbeihilfenbezieher da sind. Also am Ende die 250 Euro Klimabonus, den bekommen ja alle. Die zweiten 250 Euro Anti-Teuerungs-Bonus werden im Unterschied zu Wenigerverdienern mit 50 Prozent versteuert sein.
Als der UkraineKrieg begann war Deutschland noch zu 55 Prozent von russischem Gas abhängig, zwei Monate später nur noch zu 35 Prozent. In zwei Jahren soll die Quote bei 0 Prozent liegen. Wann wird es in Österreich realistischerweise so weit sein, wie soll das genau gelingen, und was wird es kosten? Bitte um eine Auflistung von Fakten.
Ich halte es für unseriös, so zu fragen. Als könnte man das aus dem Ärmel schütteln. Noch unseriöser wäre, die Antwort darauf zu geben. Wir reduzieren die Abhängigkeit so schnell wie möglich. Die Situation in Österreich ist einerseits entlang unserer Voraussetzungen der Pipelineführung und andererseits der Verträge, die österreichische Firmen gemacht haben, namentlich die OMV, eine ganz andere. Jetzt ist der Plan, dass wir uns bis 2027 möglichst unabhängig machen können.
Kommen wir zu parteipolitischen Themen. Wie stabil ist die Koalition?
Ausreichend stabil dafür, dass Ergebnisse geliefert werden können. Die erste
Steuerreform mit der CO2-Bepreisung und dem Klimabonus, das historische Anti-Teuerungs-Paket mit der Abschaffung der kalten Progression und der Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen – und die Pflegereform sind auf den Weg gebracht worden. Ich halte das für mega. Möglicherweise hat es stabilere Regierungen gegeben, wer immer das beurteilen mag, die haben nur weniger zusammengebracht. Weil stabil und nix ist auch keine Kunst.
Bei der gestrigen Pressekonferenz standen Sie, Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner und Gesundheitsminister Johannes Rauch vor den Kameras. Sie sind der Einzige, der noch nicht ausgetauscht wurde. Ist das wirklich ausreichend stabil?
Wenigstens ich bin dann ausreichend stabil. Wichtig ist die Zusammenarbeit, und die funktioniert.
Aber insgesamt 14 Regierungsumbildungen, drei Bundeskanzler, drei Gesundheitsminister, die aktuellen Serienrücktritte. Verlieren Sie da nicht selbst schon den Überblick?
Ich hoffe doch nicht. Ich habe den Überblick über die Ergebnisse der Regierungsarbeit. Und die kann sich sehen lassen.
Dann eine kleine Testfrage für Sie: Wer wurde am 6. Dezember angelobt?
Am 6. Dezember? Jedenfalls Bundeskanzler Nehammer. Außenminister Schallenberg wurde wieder Außenminister, dann wurde logischerweise ein neuer Innenminister angelobt, der Herr Karner. Was war damals noch? Das war der Kern der Umbildung.
Soll ich auflösen? Es waren noch Finanzminister Magnus Brunner, Bildungsminister Martin Polaschek und Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm.
Na ja, ob die am 7. der 6. angelobt wurden, ist mir wurscht. Entscheidend ist, dass sie da sind.
Schmid-Chats, BMI-Chats, Ermittlungen, Anklagen, die Vorarlberger Wirtschaftsbund-Affäre, dokumentierter Postenschacher, die Leibwächter-Affäre, der verheerende Rechnungshofbericht, der Wirtschaftsprüfer bei der ÖVP und vieles, vieles mehr. Ist „Koste es, was es wolle“auch Ihr Motto für den Verbleib in der Koalition?
Nein, wir haben einen Regierungsvertrag, der lautet zu Recht „Verantwortung für Österreich“. Es hat in den letzten Jahrzehnten noch nie so schwierige Zeiten gegeben, wo mehrere Krisen gleichzeitig zusammenkommen. Ukraine-Krieg, Pandemie und die Folgen der immer bedrohlicher werdenden Auswirkungen der Klimakrise. Da ist es doch das Entscheidende, die Ärmel aufzukrempeln und Lösungen herbeizubringen.
Je nach Umfrage ginge sich eine Ampel-Koalition Rot-Grün-Neos aus. Interessiert Sie das nicht?
Jetzt wird einmal gearbeitet für das, was jetzt gebraucht wird. Mögen andere spekulieren, wir arbeiten.
Letzte Frage an den Sportminister: Wie viele Liegestütze schaffen Sie?
Ich habe schon länger keine gemacht, ich bin froh, wenn ich einmal durchgehend zwei, drei Stunden Rad fahre oder eine halbe Stunde schwimme. Also mein sportliches Leistungslevel ist in der Hinsicht momentan ein eher geringes.
Möglicherweise hat es stabilere Regierungen gegeben, wer immer das beurteilen mag, die haben nur weniger zusammengebracht.
Über die Stabilität der Regierung