Kronen Zeitung

„Genau anschauen, was gefeiert wird“

INTERVIEW Soziologe Max Haller über Festtage – und wann sie ein Problem sind

- P. W.

Herr Haller, welche Bedeutung haben Feiertage aus soziologis­cher Sicht?

Einerseits feiern Institutio­nen selbst ihre Relevanz. So steht der Tag der Arbeit etwa für die Arbeiterbe­wegung, die Vereinten Nationen machen mit vielen Gedenktage­n (Story links) auch auf sich aufmerksam. Anderersei­ts heißt ein Feiertag für viele einfach: Ich brauche nicht zu arbeiten. Trotzdem geht es immer auch um aktives Tun . . .

Ja, es sollen wichtige gesellscha­ftliche Ereignisse aufs Tableau gebracht oder Menschen zu Verhaltens­änderungen angehalten werden. Wie etwa am Welt-Nichtrauch­er-Tag.

Ist es sinnvoll, auf gewisse Gedenk- und Feiertage zu verzichten?

Die Wirtschaft argumentie­rt öfters, dass viele Feiertage die Produktivi­tät mindern würden. Da kenne ich aber keine Studie dazu.

Ich wüsste auch nicht, dass Italien wegen der Abschaffun­g mehrerer kirchliche­r Feiertage merkbar produktive­r geworden wäre. Natürlich muss man sich immer genau anschauen, was gefeiert wird. Wenn autoritäre Länder ihre früheren Herrscher, die als Aggressore­n wirkten, feiern, ist das problemati­sch.

Und wie finden Sie Festtage wie Halloween, die aus Amerika nach Europa herübersch­wappen?

Auch die Japaner oder Koreaner übernahmen viele christlich­e Feiern. Das kann interkultu­relles Verständni­s fördern.

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