Urlaub wie früher, das wär schön!
Wir reisen durchs Land und stellen Menschen und ihre Lieblingsplätze vor. Heute den Wolfgangsee bei St. Gilgen (S) zwischen Tradition und Zukunft.
Petra Engel hat einen dieser Berufe, von denen Büromenschen mit Burn-out-Symptomen träumen, wenn sie Alternativen suchen: Liegestuhlvermieter in Caorle, Eisverkäufer auf der Donauinsel, Bootsverleiherin am Wolfgangsee . . .
Aber auch eine Bootsverleiherin am Wolfgangsee kann glaubwürdig seufzen, wenn man sie fragt, wie es so geht. Petra wuchs direkt in St. Gilgen mit ihrem um neun Jahre älteren Bruder als Tochter eines Bootsbaumeisters auf. Papa Rupert – heuer 90 geworden – bekam zu seiner Zeit nicht viel in den Schoß gelegt. Allerdings lebte er stets mit der Erfahrung, dass man es zu etwas bringt, wenn man anpackt.
Hollywood-Stars kamen mit dem Wasserflugzeug
Am Wolfgangsee war Wasserskifahren für die noble Klientel aus Wien und anderswo schon in den Dreißigern chic. Hollywood-Stars ließen sich sogar per Wasserflugzeug von Salzburg oder gar von Wien aus einfliegen – wenn auch ins trendige St. Wolfgang und nicht so sehr nach Norden ins beschauliche St. Gilgen.
Jedenfalls griff Rupert Engel 1956 mutig zu, als die Wasserskischule an der Seepromenade von St. Gilgen zum Verkauf stand. Später kamen noch Elektro- und Segelboote hinzu. Mit 14 Jahren packte Petra in den Sommerferien schon im Familienbetrieb mit an.
Der Vorteil: Mit 16 konnte sie sich vom verdienten Geld schon ein KTM-Mofa leisten. Mit dem ging es nach Bad Ischl in die höhere Schule und mit der Mofa-Clique quer durchs Salzkammergut – ohne Helm damals noch, versteht sich.
Nach der Matura war Petra dann viel auf Saison und im Ausland unterwegs. Als der Vater ihr dann einige Jahre später das Geschäft anbot, war das – wie man so sagt – Sonne und Regen zugleich.
Petra: „Ich hätte gern etwas mit Design gemacht. Und Ballett fasziniert mich bis heute. Aber es war auch ein großer Vertrauensbeweis, dass der Papa – am Land war Emanzipation noch ein Fremdwort – mir als junge Frau sein persönliches Herzensprojekt übergeben wollte.“
Der geheime Gang in der Falkensteinwand
Alle 18 Elektroboote, die auch heute das Kernstück des Bootsverleihs ausmachen, baute Vater Rupert höchstselbst. Und die Eltern (Mama Olga wird heuer 84) helfen heute noch beide aus. „Gute Gene, frische Luft und viel Bewegung“, sagt Petra augenzwinkernd, während sie mit den Mechanikern selbstbewusst im knappen BootsführerinnenOutfit die Reparatur eines der zwei Motorboote bespricht.
Wer am Wolfgangsee seine Wurzeln hat, lebt auch mit Mythos und Mystik der Falkensteinwand, die sich mehrere hundert Meter hoch am Nordost-Ufer zwischen St. Gilgen und St. Wolfgang erhebt.
Atemberaubend ist sie schon, wenn man sie vom E-Boot aus von unten betrachtet. Profis sprangen dort früher aus knapp 30 Meter Höhe ins Wasser. Petra: „Erst letztes Jahr ist ein junger Bursch aus 40 Meter Höhe bei einer Mut
probe tödlich verunglückt. Die Wand ist auch bei Kletterern sehr beliebt, aber eben richtig gefährlich.“
Das hielt allerdings auch Petra Engel mit ihren drei Freundinnen Lisi, Sabina und Manu nicht davon ab, den Fels und die unheimliche Wand im zarten Alter von elf Jahren genauer zu erkunden.
Petra: „Wenn man den malerischen Wanderweg zwischen St. Gilgen und St. Wolfgang geht, kommt man oben zur Falkensteinkirche, wo es einen sogenannten Schliefstein zum Sündenabstreifen gibt. Dahinter versteckt sich eine Höhle. Und wir Mädels hatten gehört, dass man dort zu einer Stelle mitten in der Wand kriechen kann.“
Petra lacht: „Wir haben damals ziemlich viel probiert, sind mehrmals rauf und runter, haben Taschenlampen und anderes Gerät von zu Hause geholt. Diesen Geheimgang haben wir aber nicht gefunden. – Gott sei Dank, muss man wohl sagen.“
Bustouristen, immer nur für ein paar Stunden
„Seit damals“, erzählt Petra (an dieser Stelle kommt der glaubwürdige Seufzer), „hat sich in St. Gilgen viel verändert.“Ähnlich wie Hallstatt litt St. Gilgen vor der Pandemie sehr unter dem Massentourismus, der täglich mehrere dutzend Busse in den Ort brachte. Nur für ein paar Stunden, einmal rauf mit der Gondel aufs Zwölferhorn oder mit der Fähre übern See. Dann gleich weiter nach Salzburg oder Venedig. Manchmal standen Hunderte Besucher am Kai und warteten.
Als kleiner Betrieb, Wirtshaus oder Zimmeranbieter hat man davon nichts. Im Gegenteil, es schreckt Urlauber ab.
So gesehen verständlich, dass Petra die großen Rücksetzer der CoronaZeit als positiv empfand: „Es war, wie wenn die Zeit zurückgedreht wurde. Es kamen viele Gäste aus Österreich und dem Umland. Man konnte sich mit ihnen unterhalten, und sie hatten auch Zeit für den Ort und eine Bootspartie.“– Natürlich auch zur mystischen Falkensteinwand.