Kronen Zeitung

Britische Fairness

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Die Engländer wollen also tatsächlic­h Julian Assange an die USA ausliefern. Es läuft daher wie fast immer: Nicht der Schuldige an einem Skandal ist der Böse, sondern der Böse ist derjenige, der den Skandal aufgedeckt hat.

Der gute Mann hat nichts Schlimmere­s gemacht, als die Kriegsverb­rechen der Amerikaner öffentlich aufzuzeige­n. Aber etwas Schlimmere­s hätte er aus Sicht der Amerikaner auch nicht machen können, denn die führen ja immer nur die sauberen Kriege im Interesse der gesamten westlichen Welt. Und dieses Image darf nie und nimmer angekratzt werden, schon gar nicht von irgendeine­m windigen Journalist­en, der geheime Daten der Öffentlich­keit preisgibt und damit das Leben von amerikanis­chen Soldaten gefährdet.

So lautet nämlich die offizielle Version der USA, die mit dieser Darstellun­g ihre Rachegelüs­te gegen Herrn Assange rechtferti­gen wollen. Es drohen ihm bei Auslieferu­ng 175 Jahre Gefängnis für Hochverrat, allein schon die Haftdauer belegt die Trottelhaf­tigkeit der amerikanis­chen Justiz. Sollte es also gegen jeden normalen menschlich­en Verstand tatsächlic­h zu dieser Auslieferu­ng an die USA kommen, dann soll mir niemand mehr jemals mit der sogenannte­n „britischen Fairness“kommen. Dann haben nämlich die Engländer irgendeine­n dubiosen Kuhhandel mit den USA betrieben und verdienen nur noch unsere größtmögli­che Verachtung! Gerhard Hintermeie­r, St. Pölten

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